Re: Blog: Winterreise Sizilien 2021/22
Verfasst: Do 27. Jan 2022, 19:45
Dienstag 25.1.2022
Die Fahrt nach Palermo sitzt mir im Nacken. Aber vorher sitzen wir zu dritt noch auf unseren Stühlchen in der nun wieder vorhandenen Sonne und erzählen uns aus unseren Leben, schön.
Dann krieg ich irgendwie den Abschieds-Dings, leere Pöttchen noch aus und Abfall – und fahre los - irgendwie doch sehr schwermütig. Wäre gerne noch mit den anderen zweien unterwegs gewesen und sie hätten wohl auch nix dagegen gehabt, sie wollen mich bei mir daheim im März besuchen. Freu mich drauf.
Bei Carini verlangsame ich so gut wie möglich (beinahe nicht! möglich) - empfehle Interessierten Lesern: Leoluca Orlando - "Ich sollte der Nächste sein".-- "Der sizilianische Karren"..... Stelen rechts und links der Autobahn, wo die Mafia am23.5.1992 auf fast 2 km die Autobahn gesprengt hatte, nur um Giovanni Falcone, der überzeugter Mafia-Jäger und Richter war, zu erwischen. Ist gelungen. 4 weitere Personen gestorben. Unglaublich. So eine dicht besiedelte Gegend.... ich fasse es nicht. Aber die Bomben waren wirklich nur auf das gepanzerte Fahrzeug von Falcone gerichtet. Sowas packt mich mental komplett, so perfide. Das ist dann wieder das "bella Sicilia" - diese zerrissenen Menschen, diese Gesellschaft, diese Korruption.
Aber ach - wir haben die mittlerweile in Deutschland ja auch. Sagte meine italienische Lehrerin vor 15 Jahren schon - sie würde sich mittlerweile in D richtig heimisch fühlen, weil die Korruption ankomme.......
Es ist zwar Mittagszeit in Palermo, aber das äußert sich an manchen Stellen – wo beliebte Essensabholstationen sind, dass in dritter Reihe geparkt wird mit Warnblinkanlage. Naja - Chaos pur halt. Man muss höllisch aufpassen, dass man bei den einen rechts und links überholenden Zweirädern und Klein(st)wagen nicht mal jemand auf einem verblichenen Zebrastreifen überfährt – oder doch mal in ein tiefes Schlagloch kracht, weil man halt einfach nicht ausweichen kann. Die Zufahrt vom Hafen vom Westen her ist eine Katastrofe. Wir sind früher vom Osten her gekommen, da ging das – aber hier? Mehrmals um 90° Kurven wo rechts und links bis an die Kurve zugeparkt ist – pah...... später steh ich stundenlang an keiner Einfädelspur im Hafen, sondern da parken die Fahrzeuge kreuz und quer so wie sie ankommen und lustig sind und warten auf die Verladung.
Anderswo wird größenmäßig sortiert und es gibt feste Linien – hier alles nur Chaos. Hab keine Erinnerung mehr, ob das früher auch so war.... und die fahren mit mehreren Zugfahrzeugen Container um Container in das Schiff. Stundenlang – in der Tat! Hab ich noch nie so viele Containerverladungen beobachtet und jetzt fahr ich ja schon relativ häufig Fähre. Schlägt sich später auf der Fähre nieder – im ganzen sehe ich 4 Frauen – alles andere sind Männer. Ich und ein GB-Kästchen (alleinreisender Herr) sind die einzigen Ausländer und Touristen, also auf den ersten Blick erkennbar. Alles andere sind beruflich unterwegs. Kein Wunder, dass sämtliche Frauen-WCs abgesperrt sind, wir müssen aufs Behindertenklo. Die anderen Frauen sind mit Mann in der Kabine, die gehen nicht in die öffentlichen Wcs. Im Schlafsessel-Saal sind außer mir nur 2 Männer, die Schlafsessel sind ein Ausbund an Unbequemlichkeit, aber ich kann mein Lager am Fußboden aufbauen, was ich auch tue. Leider ist einer der beiden Männer ein ganz dringender Kandidat für ein Schlaflabor mit einer grausamen Schlafapnoe – laut hörbar die ganze Nacht. Trotzdem gelingt es
mir, mal 4 Std am Stück in Schlaf zu fallen. Ist nicht meine beste Nacht auf einer Fähre. Naja.
Als ich um 7h auf der Suche nach Kaffee durch die Bars schleiche, sehe ich überall auf den Sofas die Leute bequem ruhen und liegen. 3 sogar mit ihrem Hundi vor sich auf seiner Hundi-Decke. Das hab ich noch nie erlebt. Und normal geht da auch immer ein „Knüppel-Mann“ rum wie mein Kanarenfährenfreund und ich ihn nennen, einer, der die Sofa- und Fußboden-mit-Luftmatratzen-Schläfer nachdrücklichst in die Schlafsäle verweist. Hier aber nicht. Hätte ich das mal gewusst, hätt ich auch eine ruhigere Nacht haben können..... naja. Man kann nicht alles haben.
Die eineinhalb Stunden die wir in Palermo später weggekommen waren, kommen wir in Livorno auch später an, da war nix mit Zeit reinholen oder so wie das halt auch oft so ist. Naja – es werden wieder die Fahrer auf die verschiedenen Decks aufgerufen – Passeggeri Deck 5 – sollen zu den Fahrzeugen kommen. Da geht’s lang. Rolltreppe runter. Unten angekommen, Tür zum Parkdeck 5 zu. Wieder rauf. Wo ist der Zugang zu Deck 5? Dieser hier ist geschlossen. Ah. Dann hier die Treppe. Also 30 Stufen runter – unten angekommen – zu. Wieder rauf. Deck 5 ist verschlossen. Ahhhhh – da müssen wir telefonieren. Nach 5 Minuten – jetzt sollte auf sein. Wieder runter – komisch – die Hälfte der Fahrzeuge fehlt schon. Wie sind die bloss runtergekommen? Fragen über Fragen – hilft nicht – avantiiiiiii..... also mach mal hin. Ja – wären die Tore offen gewesen, wären wir schon längst weiter...... unten schimpfen die Zugfahrzeugführer, weil immer noch Kleinlaster und ich rausfahren und sie nicht alle Bewegungsfreiheit haben. Chaos halt. Nicht gut.
Dann geh ich aufs Gaspedal. Es ist schon halb vier und ich will noch bis zum Gardasee kommen und im Finstern tu ich mich immer schwerer mit Fahren, habe keinerlei Orientierung und null räumliches Sehen mehr. Muss am Alter liegen. Mist. Naja, ist so. Also – Hörbuch rein – fahren – die letzten 60km auf der stark befahrenen Milano-Verona sind wieder heftig, fast ausschließlich Lkw die fahren wie Sau – eine Erlösung als die Ausfahrt Sirmione kommt – nix wie raus. Fahre die Nadel die in den Gardasee reinführt bis raus kurz vor die Skaligerburg. An dem großen Parkplatz Michelangelo war ja früher ein Womoplatz eingerichtet, der im Winter sogar total kostenfrei war – heute befindet sich da eine Schrankenanlage und es steht am Bezahlautomaten!!!!!(also nicht bei der Einfahrt erkennbar) Fahrzeuge über 2,20m nicht erlaubt. Es stehen 2 Wohnmobile drin – beim Runterfahren stand ich da für mein BlindDate mit meinem ersten Reisepartner auch drin, er wurde nicht mehr draufgelassen – no camper. Naja. Parke ein und schlappe los. Brauche Pizza. Krieg ich. Passt. Müde und die letzten 50 Seiten Buch auslesen........ gelingt alles!