Die heisse Dusche und der Tee tun wahnsinnig gut, das Wetter ist herrlich, ich setze mich mit Bademantel und nassen Haaren noch einige Zeit vors Wohnmobil und verschnaufe, bevor ich mit Aufräumungsarbeiten, Eincremen, Anziehen usw. beginne. Schön leer und voll machen, Strom abhängen (meine Batterie hält wohl nicht mehr lange durch – die entlädt schneller als ich zusehen kann, wenn ich auch nur einen Verbraucher einschalte und dadurch, dass ich kein Gas mehr habe, muss ich für Teewasser immer den Wandler bemühen, um den Tauchsieder zu benutzen. Heieiei, was ist sind das für Zustände. Kein Gas, kein Strom. Aber Lebensfreude. So muss das sein. Hinter jedem Problem steckt irgendeine Lösung. Wird schon.
15.15h fahre ich frohgelaunt, glücklich und froh, diese Radtour, die wirklich in einer Abenteuertour endete, gemacht zu haben. 49,7km waren es, ohne Essen, Trinken und Einkehr. Heieiei, das hatte ich im Leben selten! Aber – kein Jammern, selber schuld. Mangelnde Organisation bzw. Unfähigkeit, es richtig zu organisieren. Das nächste Mal wird es besser. Ich hoffe, es gibt ein nächstes Mal, dann nehme ich mir aber mehr Zeit als nur einen halben Tag, sondern radle das wirklich runter bis Tortosa und muss das dann irgendwie anders organisieren, dass man mit Öffentlichen oder Taxi oder so zurückfährt. Tolle Tour durch tolle Gegenden ist das. Unbedingt empfehlenswert!!
181- Die Strecke geht auf das Montserratmassiv zu.jpg
Ebenso schön ist es, die 246km bis zur Seilbahn zum Kloster Montserrat durch das Hinterland zu fahren. Herrliche Aussichten, einfach nur herrliche Aussichten bei wunderschönem Wetter.
Eigentlich hätte ich noch irgendwas einkaufen müssen, aber ich kann ja auch nichts kochen – siehe „kein Gas“ - naja, geht schon irgendwie. Als ich an den Abzweig zur Seilbahn um kurz vor 18h komme, ist es schon ganz schön dunkel geworden. Ina ruft an – sie stünden in „Olesa del Montserrat“ - ich frage – „was macht ihr da, ich bin da grad durchgefahren“ - „ja, wir sollen doch zur Seilbahn“ - „ja, die ist doch bei Monistrol de Montserrat“ - aha ….... - ich fahre über die Brücke zur Seilbahnstation, dort ist ein relativ großer fast leerer Parkplatz, klar, wer parkt hier schon am Abend um sechs, wenn schon alles fast außer Betrieb ist. Eine Bedienstete ratscht mit einer Bekannten an der Tür zum Gebäude, ich frage sie, ob wir hier mit zwei Wohnmobilen über Nacht parken könnten, ja, natürlich, nein, das würde nichts kosten, ja, einen Fahrplan könnte sie mir geben. Klasse. Gebiet videoüberwacht, beleuchtet, stellenweise krummschief, passt.
Rufe Ina an - „wir stehen auf dem Platz wo es rechts zur Seilbahn geht“ - „also fahrt über die Brücke, auch wenn da ein Zweitonnenschild steht, es geht in Ordnung“. Sehr gut, wir parken bissi weiter hinten ein, dass man uns nicht gleich von der Hauptstraße aus sieht, haben uns die vergangenen getrennt verbrachten Tage zu erzählen, schön. Die Nacht verläuft ruhig und völlig ungestört, der Verkehr auf der nahen Hauptstraße wird weniger, die Bahn, die oberhalb uns vorbeifährt, stellt nachts offenbar ihren Betrieb gänzlich ein.....
Sonntag, 4. Januar 2015
Die erste Seilbahn fährt um 9.40h hinauf. Wir parken bissi weiter vorne ein, ist vielleicht sicherer als so abseits, wo es keiner mitbekommt, wenn einer sich an den Fahrzeugen zu schaffen macht. Auf- und Abfahrt kosten 10€pro Person, passt doch.
182- Luftseilbahn.jpg
183- Parkplatz an der Seilbahn.jpg
184- Auffi gehts....jpg
Paaaah – was sind wir baff erstaunt, man hat da ja eine ganze Stadt auf den Berg gebaut. Erst mal in die Touristeninfo und einen Plan geholt, der ein Witz ist. Derart undeutlich alle Wanderstrecken eingezeichnet, macht aber nix, es ist alles vorbildlich und allerbestens beschildert. Das ganze Gebiet liegt – da Ostseite, im Schatten, die Morgensonne ist schon „durch“. Also machen wir heute nachmittag Bilder, wenn wir zurückkommen – und dann können wir auch noch das Kloster besichtigen. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.
Hier folgt nun eine ausführliche Beschreibung einer unschweren Wanderung – auch hier – wer nicht will – der hat schon – es müsse sich niemand genötigt fühlen, mein Gesums darüber zu lesen.... bitteschön:
Wir gehen zum Ende der Placa Monestir, von dort geht es den Treppenweg „San Francesco“ aufwärts. Es sind betonierte Treppen, zahllose, es müssen Hunderte sein, die aber den Vorteil haben, dass man rasch an Höhe gewinnt. Nach ca. einer quälenden halben Stunde bin ich wie immer auf Betriebstemperatur und kann ab da laufen wie ein Wiesel, egal in welchem Gelände. War ja auch schon länger nicht mehr Bergwandern, aber das kommt schon wieder. Ina und Willi tun sich etwas schwerer, ich genieße die schönen Ausblicke zwischendurch und warte immer wieder.
Dann geht der Weg in verwunschene Wildnis, es sind relativ viele Leute unterwegs, das heisst, je länger wir brauchen, desto belebter wird das ganze. Klar, es ist einer DER spanischen Klassiker, auf den höchsten Gipfel des Montserrat zu gehen, den Cim de Sant Jeroni mit 1237m. Im Wald mag ich aber angesichts der schön scheinenden Sonne nicht mehr warten – und denke, es ist in Ordnung, dass ich weiterlaufe. Komme bald an der Capella de Sant Jeroni auf 1140m Höhe vorbei und bin einfach nur begeistert über diese Bergwelt. Dieses Montserrat-Massiv erhebt sich aus beinahe flachem Gelände in unsäglichen Formen und einer seltenen Formenvielfalt, die ihresgleichen sucht. Ich bin komplett begeistert, hatte mir diese Tour aber auch schon rausgeschaut, als ich überhaupt erwogen habe, nach Spanien zu fahren. Hier MUSSTE ich einfach her. Wie gut, dass wir das auch auf der Hinreise ausgespart hatten, da war das Wetter einfach zu schlecht. Wäre nur und ewig schade gewesen, heute ist ein derartiger Traum-Tag. Als ich auf der Aussichtsplattform am Gipfel ankomme, sind viele bunte Gestalten oben – von Willi und Ina fehlt noch jede Spur, egal, ich setze mich ein Stück unterhalb, genieße meinen mitgebrachten Tee aus der Thermoskanne, esse genüsslich eine Birne, geniesse, geniesse, geniesse.
Da ist es wieder – dieses „Berg-Gefühl“, das ich schon soooo lange nicht mehr hatte. Es war ja jetzt keine ausgewachsene Bergtour, eher im Gegenteil – eher ein Spaziergang mit rund 550 Höhenmetern – aber diese Aussichten auf diese skurrilen Berggestalten lassen diese Glückseligkeit, die vom Herzen in den Bauchraum, in das Hirn und in die Seele ausstrahlt, erwachsen.
Ich bin einfach nur berg-glücklich, beseelt, wie auf unzähligen Bergtouren in meinem früheren Leben auch, obwohl es da ungleich schwerer und anstrengender war, diesen Zustand zu erlangen und zu erleben. Und ich bin jetzt auch froh, dass ich dieses Gefühl inmitten so vieler Wanderer – ganz allein auskosten kann. Ich möchte jetzt nicht sprechen. Ich möchte nur staunen und genießen und tue das. Weidlich. Und ich gedenke meiner mittlerweile verstorbenen Bergkameraden, mit denen ich häufig unterwegs war. Es sind drei Männer und meiner und eine Frau – alle zwischen 50 und 65 Jahre alt und schon tot. Ich erinnere nich und gedenke dieser tollen Bergwanderzeiten der großen Bergtouren und der ganz großen Bergkameradschaft in der Seilschaft und am Berg, wo alle für einen waren und der Schwächste die Geschwindigkeit vorgab und bin beinahe wieder in diesen wunderbaren Zeiten zurück. Seufz.
Es dauert eine ganze Zeit, ich weiss nicht wie lange, bis meine Mit-Wanderer erscheinen. Meine Seele ist da, wo sie hingehört, ich bin wieder gesellschaftsfähig. Wir sitzen noch ich glaube über eine Stunde in der strahlenden Sonne, teils die anderen Wanderer beobachtend, manche Gruppen sind schon genauso lange hier wie ich – andere kommen, schauen rundum, gehen wieder, wieder andere lärmen, lachen, die Bergmarathonis kommen angerannt und rennen wieder runter, ein buntes Völkchen, viel Betrieb, klar, Sonntag, aber alles disziplinierte Wanderer. So Ausfälle wie am norwegischen Prekestolen, wo Leute mit Twinset und Handtäschchen und Schühchen unterwegs waren oder eine gar mit FlipFlops und Arm in der Schlinge, gibt es hier nicht. Muss man sagen – die Spanier – bzw. Katalanen – sportliches Volk, alles gut mit Funktionskleidung ausgerüstet, sieht wirklich gut aus auf dem Berg. Ich denke, die Katalanen erkennt man am Gruß „Bon Diá“ - die Spanier am „Buenos Dias“ - bitte belehrt mich, wenn ich falsch liege.... „Hola“ - sagen sie denke ich alle …
Nach der wirklich langen Pause, die auch wirklich richtig gut getan hat in der Sonne mit DIESER Rundumsicht, gehen wir abwärts und an einer Weggabelung gehen wir nicht links den Aufgangsweg zurück, sondern geradeaus weiter. Wir wollten ja einen Rundkurs machen – und diesmal hab ich auch meine Hausaufgabe gemacht und weiss Bescheid.... In ganz leichtem welligen Auf und Ab geht es rüber bis zur Bergstation der Standseilbahn, die vom „Ort“ auf dem Berg aus bis hier hochkommt, ich weiss es nicht, aber es sind wohl keine 200 Höhenmeter, die die Bahn steil hinunterfährt. Der Nachmittag ist auch schon fortgeschritten, Ina meint, sie würde keine Stufen mehr heute gehen – wir nehmen die Zahnradbahn abwärts – für 6,20€ ein Kinderspiel.
Künstlerpech: Das ganze Kloster- und Gebäude-Zeugs liegt alles in tiefem Schatten, klar. Es gibt keine Bilder vom Kloster, dafür tief ins Hirn eingebrannte Sonnenbilder von den Berggestalten des Montserrat, des „zersägten Berges“ - nomen est omen.