Peloponnes Mai 2015
Verfasst: Mo 3. Aug 2015, 15:40
Sorry, hatte ja schon seit längerer Zeit das Versprechen offen, unseren diesjährigen Griechenland-Reisebericht zu veröffentlichen. Leider hat das Verfassen desselben mehr Zeit in Anspruch genommen als gedacht... und ist immer noch nicht ganz fertig
Aber damit Ihr schon mal was zum Lesen habt, hier der erste von vier Teilen! Viel Spaß
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Peloponnes Mai 2015
Urlaub. Definiere: Entspannung, Erholung, richtig gutes Wetter. Nette Menschen kennen lernen, aber auch Einsamkeit suchen und finden. Schöne Landschaft, tolle Strände, Meer, schöne Städte. Freiheit mit dem Wohnmobil genießen. Ein wenig Kultur darf auch sein. Gutes Essen sowieso. Das ist zumindest unsere Definition für einen gelungenen Urlaub. Da diese Zeit sehr kostbar und rar ist, will gut überlegt sein, wo man sie verbringt. Unsere diesjährige Wahl ist auf ein Ziel gefallen, das leider zur Zeit von den Medien und vielen Menschen in Deutschland verunkt wird: Griechenland. Wir wollten auf die Peloponnes. Was haben wir uns vor unserer Reise alles anhören müssen: seid Ihr denn verrückt, habt Ihr keine Angst, wieso fahrt Ihr in ein Land, das der EU so schadet... Okay, dies soll ein Reisebericht sein, und von daher will ich keine politischen Diskussionen lostreten. Nur so viel sei gesagt: ja, wir hatten Angst. Und zwar vor der Herzlichkeit der Menschen, die uns fast erdrückt hatte. Ja, wir sind sogar "beworfen" worden: mit Geschenken. Von Menschen, die mit Sicherheit sehr viel bescheidener leben als wir.
Wir hoffen, dass dieser Reisebericht nur ansatzweise die ausschließlich positiven Eindrücke und wahrhaft nur poetisch zu beschreibenden Gefühle ausdrückt, die uns diese Reise in das traumhafte Griechenland vermittelt hat. Hier machen die Götter Urlaub, und wir durften es ihnen nachahmen!
Ihr mögt diese Poesie entschuldigen, aber das Land der Philosophen hinterlässt halt seine Spuren
Also, los geht´s, wer jetzt noch mag: begleitet uns in 3,5 Wochen wunderschönen Urlaub.
Mittwoch, den 29.4.2015
Vor der Reise musste natürlich geklärt werden, wie wir an unser eigentliches Ziel kommen. Da wir auf den Landweg diesmal keine Lust hatten, blieb also nur noch die Fähre ab Italien. Es sollte auf jeden Fall eine Überfahrt mit Camping an Bord sein. Für eine Online-Buchung direkt über das Portal von Anek/Superfast hatten wir zu lange gezögert: zu unseren Terminen waren bereits Anfang Februar keine Plätze mehr frei. Dank dem von vielen empfohlenen Reisebüro "Linos Travel" konnten wir aber doch noch Plätze ergattern - zwar nicht exakt zu unseren Wunschterminen, aber doch nahe dran. So mussten wir uns dann kurzfristig noch den 30. April frei nehmen, das ging zum Glück bei uns beiden - die Fähre hin ging am Freitag, den 1. Mai um 16:30, zurück am Donnerstag, den 21. Mai. Hin von Ancona nach Igoumenitsa (warum nicht direkt Patras erkläre ich später), zurück ab Patras nach Ancona.
Als Berufstätige mussten wir am Starttag leider beide noch bis 16:00 arbeiten. Da wir aber im Vorfeld schon gut vorbereitet waren und alles gepackt hatten, schafften wir es doch tatsächlich, um 18:10 den Zündschlüssel des WoMos zu drehen: ab dem Moment waren wir im Urlaub. Ein Grinsen machte sich auf unseren Gesichtern breit, der ganze Stress des Alltagslebens fiel im nu von uns ab.
Erstaunlicher Weise hatten wir auf der A3 an Köln vorbei gar keinen Stau - ein vollkommen überirdisches Phänomen, welches sich auf unserer gesamten Reise fortsetzen sollte.
Die Hinreise war standard-mäßig über die Schweiz geplant, durch den St. Gotthard-Tunnel (oder bei Stau vor demselben über den Pass). Bedingt durch die Entkopplung des Euro an den Franken und den aktuell schlechten Wechselkurs sollte die Vignette für die Schweiz (bis 3,5t) 40€ kosten - und an der Tankstelle wurden zusätzlich 4€ "Bearbeitungsgebühr" für die Erstehung derselben fällig! Also, das sind ja Sitten. Demnächst muss ich für ein Eis auch noch Bearbeitungsgebühr bezahlen... Egal, wir hatten keine Lust auf Diskussionen, ist ja schließlich Urlaub.
Da wir eigentlich reichlich Zeit für die Hinfahrt hatten, war der Plan folgender: es gab keinen. Mit Fahrerwechseln, Vorfreude und reichlich Gesprächen verging die Zeit wie im Flug, erst kurz vor dem Gotthard-Tunnel setzte ein wenig Müdigkeit ein. Also beschlossen wir, ein paar Stunden zu schlafen und fuhren einfach eine Raststätte an. Die dort ausgewiesenen Schilder, die besagten, Übernachtungen auf der Raststätte würden 15€ pro WoMo kosten, ließen die Müdigkeit schnell verfliegen - für einen ruhigen Stellplatz wären wir durchaus bereit, einen Obulus zu entrichten, aber für eine Raststätte, an der die Fahrzeuge in unmittelbarer Nähe vorbei donnern, womöglich noch direkt neben einem Kühllaster stehend - nein danke! Also ging es noch weiter. Ja, wenn´s so gut läuft, dann nehmen wir noch den Tunnel mit der Pass war zu diesem Zeitpunkt tatsächlich noch gesperrt, also Alternative: keine!
Nach dem Tunnel, in dem der vor uns fahrende PKW ein "dezent" merkwürdiges Fahrverhalten an den Tag bzw. die Nacht legte (abrupte Geschwindigkeitswechsel von 40 bis 80km/h, etliche Schlenker über die Mittellinie), war dann doch die Energie aufgebraucht. Also fuhren wir die für Übernachtungen kostenlose(!) Raststätte "San Gottardo Sud" an. Da wir beide relativ unempfindlich gegenüber Geräuschen im Schlaf sind und die Müdigkeit mittlerweile einen Punkt erreicht hatte, in dem wir beide eine Weiterfahrt als Verstoß gegen die Genfer und andere Konventionen einordneten, war uns diese Wahl vollkommen recht. Wir verbrachten trotz der Autobahnnähe und einer angrenzenden Zugstrecke eine durchaus erholsame Nacht.
Donnerstag, den 30.4.2015
Das erste Mal aufwachen im WoMo: erstmal orientieren, irgendwas ist anders als im Alltag. Und es ist schööööön! Da meine Holde noch den Schlaf des (der?) Gerechten schlief, machte ich mich dran, ihr Lebenselixier herzustellen. Herrlich, das erste Mal wieder Wasser im Flötenkessel kochen und frischen Kaffee aufbrühen. Aber selbst das dezente Gepfeife des Kessels erzeugte keine Regung bei meiner besseren Hälfte. Sogar der Duft vom frischen Kaffee, der sonst Wunder wirkt, blieb bar von jeder Reaktion. Jetzt half nur noch der "brutalste" aller Tricks: den dampfenden Pott direkt vor ihre Nase halten, auch auf die Gefahr hin, dass eine plötzliche Bewegung unser Bett verziert hätte. Und siehe da: ES LEBT! Wie einen Esel mit einer Möhre vor der Nase konnte ich sie aus dem Bett locken. Nach fast intra-venöser Verabreichung des Gebräus waren die Lebensgeister wieder geweckt.
Nach erledigter Morgentoilette und dem Abwasch ging es dann flott weiter in Richtung Italien. Die Grenze passierten wir ohne Kontrolle, die Weiterfahrt verlief wenig spektakulär. Lediglich der Autobahnring um Mailand erfordert dank der hektischen Fahrweise einiger Einheimischer etwas Konzentration. Woran ich mich nicht so richtig erinnern kann: war da schon immer 90km/h angesagt? Und was ich mich auch noch frage: warum hält sich so gut wie keiner dran???
Ach ja, das vergaß ich noch zu erwähnen: bis auf ein paar Regentropfen unterwegs war das Wetter bisher eigentlich ganz okay, südlich des Gotthard-Tunnels war es dann richtig schön und wurde zunehmend in Richtung Süden noch wärmer.
Gegen frühen Nachmittag waren wir bereits kurz vor Ancona. Da wir mehrfach gelesen hatten, dass Ancona selber nicht besonders viel zu bieten hat, entschieden wir uns (auf den Spuren von Meusel), den neuen Stellplatz in Corinaldo auszuprobieren. Die GPS-Daten hatten wir im Vorfeld notiert, also ließen wir uns vom Navi leiten. In Corinaldo angekommen standen wir erstmal ratlos auf einem Parkplatz vor einer Art Sporthalle - das sah aber gar nicht so nach den Bildern aus, die wir vom Stellplatz gesehen hatten. Also erstmal umschauen, und siehe da: direkt unterhalb des Parkplatzes war, durch Bäume von dort aus nicht sichtbar, der neue Stellplatz angelegt. Wirklich richtig nett gemacht und schön gelegen! Und tatsächlich: mit V/E und Strom - und kostenlos. Leider geben das die Bilder nicht so her, sieht eher nach Parkplatz-Atmosphäre aus.
Stellplatz Corinaldo
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Nachdem wir ja nun reichlich gesessen hatten, ging es dann zu einem kleinen "Walk-off" in das wirklich sehenswerte Corinaldo. Nachfolgend ein paar Impressionen.
Blick von Corinaldo ins Tal - fast schon Toscana-like
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Stadttor
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Gemütliche Gassen
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Abends bekamen wir dann noch Besuch von einem Hund, der offenbar irgendwo ins Dorf gehörte - er hatte ein Halsband und eine Hundemarke. Meine kluge Frau hatte bereits im Vorfeld Hundefutter und Leckerlies eingekauft, da wir uns noch zu gut an die vielen freilaufenden Hunde in Griechenland erinnern konnten. Nachdem sich Hundi also bei uns ein paar Leckerlies abgeholt hatte, trollte er sich zufrieden. Es sollte nicht der letzte Hund in unserem Urlaub gewesen sein...
Freitag, 1. Mai 2015
Wunderbar ausgeschlafen nach einer sehr ruhigen Nacht wurde dann nach dem morgendlichen Kaffee die Dusche in unserem neuen WoMo strapaziert - wir sind nach wie vor super zufrieden, das Raumbad macht richtig Spaß. Genau wie das restliche WoMo auch
Die Ruhe auf dem Platz war jedoch plötzlich vorbei, als mehrere italienische Familien mit PKWs auf dem Stellplatz eintrafen, weil sie diesen als Grillplatz auserkoren hatten. Nun ja, da wir eh nur noch ver- und entsorgen und uns dann in Richtung Fährhafen aufmachen wollten, war uns das eigentlich egal. Aufmerksame Eltern erklärten den Kindern auch sofort, dass die Gießkanne, mit der ich unser Wasser auffüllte, kein Spielzeug zum pritscheln ist.
Dank präziser GPS-Daten des Hafenbüros war das Auffinden desselben kein Problem. Dort angekommen holten wir die bei Anek/Superfast hinterlegten Fährtickets für uns ab und checkten ein. Ursprünglich hätten wir ja um 13:30 mit der "Superfast XI" fahren sollen, jedoch wurden wir telefonisch ein paar Tage vor unserer Abreise davon unterrichtet, dass wir auf die "Olympic Champion" von Anek um 16:30 umgebucht wurden. War uns egal, wichtig war uns nur "echtes" Camping an Bord.
Warten auf das Einschiffen. Unsere Nachbarn verdrückten derweil schon mal paar Dosen Bier...
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Kurz danach ging es auch schon ans Einschiffen. Wir bekamen zwar keinen Platz direkt an einer Außenluke und mussten uns mit der zweiten Reihe zufrieden geben, jedoch waren die Einweiser erstaunlich entspannt. Und wir hatten noch etwas Platz, damit wir Tisch und Stühle neben dem WoMo aufstellen konnten, von dieser Stelle aus sogar mit ein bisschen Meerblick. Strom wurde uns auch sofort angeschlossen.
Unser Plätzchen an Bord, leider etwas verwackelt
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JA, wir haben Camping an Bord
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Der ganz große Haken war dann leider ein Laster mit brummendem Kühlaggregat - genau hinter unserem WoMo! Und das Teil war nicht nur richtig laut, sondern lief bis auf eine kurze Unterbrechung von max. 10 Minuten die ganze Zeit durch...
Aber auch damit konnten wir uns irgendwie arrangieren. Eine Kombination aus anfänglich noch lauterer Musik aus dem Radio, hinterher Ohropax, mit etwas Wein "betäuben" (in dem Wort steckt ja sogar "taub" drin *g*) - umstehende müssen gedacht haben, wir sind schwerhörig, weil wir uns fortan schon fast anschreien mussten. Und schließlich übermannte uns die Müdigkeit. Der Schlaf war dann sogar einigermaßen erklecklich.
Samstag, 2. Mai 2015
Gegen sechs Uhr morgens wurde ich dann wach, das Brummen des Lasters war mittlerweile fast schon - dank selektiver Wahrnehmung? Ich weiß es nicht - vom Gehirn ausgeblendet worden. Oder waren wir doch schon leicht taub?
Da wir dummerweise keinen Wasserkocher mit hatten und wir den Gasbetrieb auf der Fähre, der bekannter maßen ja verboten ist, pflichtbewusst auch nicht verwendeten, gab´s erstmal keinen Kaffee. Das wollten wir dann nach dem Verlassen der Fähre sofort nachholen.
Diese legte dann gegen 8:30 griechischer Zeit in Igoumenitsa an. Ja genau, die Uhren mussten noch alle umgestellt werden. Also hier ein kurzer Uhren-Exkurs: Wie viele von den Dingern man so mitschleppt - jeder eine Armbanduhr, dann je eine im Handy, eine im Fahrzeug-Cockpit, eine im Thermometer, nur das Navi war so clever, sich von alleine anzupassen. Eigentlich totaler Blödsinn, wofür braucht man im Urlaub denn eine Uhr? Doch eigentlich nur, um hinterher rechtzeitig die Fähre zu erwischen. Aber da wollten wir an dieser Stelle erstmal gar nicht dran denken... Mit meiner Armbanduhr hatte ich dann noch Spässle. Da ich Uhren mit Atomzeit-Empfänger bevorzuge, muss ich die ja im Normalfall nie selber stellen. Hier war das nun notwendig. Was ich jedoch niemals gedacht hätte: das blöde Ding hat irgendwie dann doch das Signal erhalten (ich glaube, der Langewellensender steht in Frankfurt-Mainflingen!) und stellte sich störrisch wieder auf die MEZ um. Irgendein kluger Mann hat mal gesagt, moderne Technik sei nur dort sinnvoll, wo man sie nicht bemerkt.
Tja, die Frage, die sich der geneigte Leser jetzt vielleicht stellt: wieso landen die in Igoumenitsa, wenn sie auf die Peloponnes wollen? Wer unseren letzten Griechenland-Bericht gelesen hat (Auf dem Landweg nach Griechenland 2013), wird jetzt schon so eine Ahnung haben. Wir wollten nochmal meinen ehemaligen Arbeitskollegen Evangelos, der mit seiner Frau Renate halbjährig in einem kleinen Bergdorf nahe der albanischen Grenze lebt, besuchen.
Aber zuerst mal war ja Kaffee angesagt. Nachdem wir relativ schnell die Fähre verlassen konnten, fuhren wir ein kleines Stück die Küstenstraße in Richtung Süden. Dort befindet sich, direkt über dem Meer gelegen, ein schöner Picknick-Platz, den wir ansteuerten. Der Platz bietet auch einen Blick auf den Hafen, unsere Fähre hatte schon abgelegt und fuhr weiter nach Patras.
Unser Dampfer dampft nach Patras ab
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Schönes Plätzchen
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Während des allmorgendlichen Kaffee-Zeremoniells kam ich dann mit einem älteren Griechen, der hervorragend englisch beherrschte, ins Gespräch. Dieser parkte mit seinem Auto im Schatten unter den Bäumen und machte dort so eine Art Siesta mit seiner Frau. Wie sich herausstellte, war diese Schwedin. Der Grieche (an dessen Namen ich mich leider nicht erinnern kann) war auch nur zum Urlaub dort und lebte mit seiner Frau in Schweden. Wusste ich doch, dass mir das Kennzeichen vom Auto irgendwie nicht griechisch vorkam! Der gute Mann war dann auch sehr mitteilsam, wir konnten nicht weiter fahren, bis er mir seine gesamte Lebensgeschichte erzählt hatte, die ich Euch hier nur kurz zusammen fassen möchte - Fuhrunternehmer in Rente, evtl. wollten sie sich ein Haus in Griechenland kaufen, ihr kompletter Wohnwagen wurde während des Urlaubs samt Inhalt gestohlen, ... Dann bekamen wir noch eine ausführliche touristische Einweisung in das Land, gefolgt von politisch-philosophischen Ratschlägen, ein kleiner Exkurs in die Marktwirtschaft musste auch noch sein. Nun hätten wir in der Zeit locker jeder 5 Liter Kaffee trinken können, aber man ist ja nicht unhöflich. Zum Glück kam dann ein erlösender Anruf auf dem Handy von Evangelos, der sich nach dem Stand unserer Reise erkundigen wollte. Diese Gelegenheit nutzten wir dann, um uns höflich zu verabschieden, man erwartete uns ja. Und selbst der Abschied dauerte noch länger als zu Hause vor der Abfahrt von den ganzen Verwandten und Freunden.
Evangelos hatte uns - typisch griechisch gastfreundlich - darauf hingewiesen, UNBEDINGT nicht irgendwo vorher Essen zu gehen. Also nahmen wir die etwa 120 Kilometer von Igoumenitsa nach Ano Parakalamos unter die Räder und beherzigten selbstverständlich den Rat des gesprächigen Griechen, die Autobahn zu nehmen und nicht die "old national road". Auf dieser Autobahn konnte dann der Multijet-150-Motor zeigen, was in ihm steckt - starke Steigungen und ebenso starkes Gefälle wechseln sich ab. An der Mautstelle angekommen erklärten Schilder, welche Klasse wie viel kostet. PKWs und WoMos bis 2,7m Höhe 2,40€, unser WoMo mit 2,91m würde demnach in Klasse 2 fallen, also 6€. Als ich am Mauthäuschen stand, dirigierte mich die junge Dame, neben deren Fenster ich hielt, dann erstmal immer weiter nach vorne - warum, war mir erstmal nicht klar, da ich nun hätte aussteigen müssen, um die Zeche zu begleichen. Die Erklärung dafür gab ein Blick nach hinten. Dort war eine Art Messlatte angebracht, die die junge Dame hektisch so lange hin und her drehte, bis unser WoMo um 21 Zentimeter auf 2,7m Höhe geschrumpft war. "Äh, two fourty, please" grinste sie mich an. Also sowas hab ich ja noch nie erlebt. Ich meine, klar freute es mich, dass ich weniger als die Hälfte bezahlen musste - aber wenn die Griechen das immer so handhaben? Böse Zungen wurden jetzt sagen: kein Wunder, dass der Staat pleitegeht.
Nach dem Ende der spiegelglatten Autobahn ging´s dann über eine übel holprige Piste weiter, den Weg in´s Dorf Ano Parakalamos hätten wir diesmal sogar ohne Navi gefunden. Zu gut ist uns die Strecke von September 2013 in Erinnerung geblieben...
Dort angekommen, parkten wir unser WoMo erstmal am Rand des Multi-Funktions-Dorf-Platzes und gingen die paar Meter zu Fuß zu Evangelos´ Haus. Dabei machten wir dann direkt mit den ersten Dorfhunden Bekanntschaft, die uns durch lautstarkes Bellen, aber vor Freude wedelnd ankündigten.
Mein Freund Evangelos und ich
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Wir wurden wieder erschlagen von der Herzlichkeit, mit der wir empfangen wurden. Die Beiden ließen es sich nicht nehmen, uns ganz nach griechischer Manier abzufüttern: es gab frisch gegrilltes Lammfleisch, dazu bergeweise leckere Beilagen wie gebratene Paprika, Käse, Salat (mit frischem Anis gewürzt! Wusste gar nicht, dass ich sowas mag), gebratene Kartoffeln, und und und... Leider hab ich vor lauter Appetit ganz vergessen, ein Bild von der Festtafel zu machen, die sich unter den vielen Schüsseln und Tellern bog. Gespiesen wurde stilecht auf der Terrasse mit Blick auf das schöne Tal, wir hatten die Ehrenplätze. Abgerundet wurde das Ganze durch herrliche Gespräche, die natürlich schon einen teils sehr philosophischen Character hatten. Überhaupt war die Freude, unsere lieben Freunde in Griechenland zu treffen, mit einem Hauch Magie gesegnet.
Nachdem wir nun mehr als pappsatt waren, ließ es sich Evangelos nicht nehmen, uns das Dorf ausführlich zu zeigen. Also machten wir einen Spaziergang, bei dem wir unter Anderem die ehemalige Schule, die Kirche und andere Örtlichkeiten besuchten. Wir erfuhren auch etwas über die Geschichte - das Dorf hatte früher ca. 5000 (!) Einwohner, bei irgendwelchen Querelen kam es dann zu einer Spaltung. Nun sind noch ca. 50 Menschen übrig geblieben, die Ano Parakalamos bewohnen.
Abends wurde dann der offene Kamin angezündet, wir redeten und redeten und lachten natürlich auch sehr viel. Und: es gab klarer Weise noch Abendessen... ich glaube, an diesem Moment schon das Hüftgold wachsen gespürt zu haben.
gemütliches Kaminfeuer
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Ein "Selfie" mit Renate, Biggi, Evangelos und mir (von rechts nach links) in der gemütlichen Wohnküche
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Eine kleine Attraktion durften wir dann auch noch erleben: eine Nachtigall, die auch ihr zu Hause in Ano Parakalamos gefunden hat, begann ihre Liedchen zu trällern. Und jeden Morgen, wenn Evangelos´ Cousin Jorgos ihn besuchen kommt, pfeift dieser ein Liedchen. Und genau dieses Liedchen hat die Nachtigall übernommen, so dass Evangelos und Renate irgendwann überrascht dachten, Jorgos käme ein zweites Mal an diesem Tag zu ihnen
Herrlich ruhig haben wir auf dem Dorfplatz gestanden
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Die Nacht verbrachten wir dann sehr erholsam im WoMo, die Nachtigall sang uns in den Schlaf. Einfach traumhaft.
Sonntag, 3. Mai 2015
Wir erwachten herrlich ausgeruht. Nach der Morgentoilette waren wir dann - NATÜRLICH - bei unseren Freunden zum opulenten Frühstück eingeladen, welches sich auch gemütlich in die Länge zog. Urlaub ist doch was Feines
Ich bekam auch noch eine Führung durch Evangelos und Renate liebevoll angelegten Gemüse - und Blumengarten, eine wahre Freude, sich das anzuschauen.
Aber irgendwann war dann auch der Moment des Aufbruchs gekommen. Wir verabschiedeten uns schweren Herzens von unseren Gastgebern, die wirklich keine Mühen gescheut hatten, uns den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Und damit wir auch ja nicht verhungern, gab´s dann noch ein dickes Kehrpaket mit auf die Reise - eingelegtes Gemüse, selbst gebackene Brötchen, Hörnchen, Kuchen, Lammfleisch für das Gefrierfach, und und und - gut, dass wir in unserem neuen WoMo einen großen Kühlschrank haben, der jedoch nach diesen Gaben an seine Belastungsgrenze kam
Mit Evangelos´ Spazierstock auf der Bank, auf der die alten Männer des Dorfes immer beisammen sitzen - sehe doch authentisch griechisch aus, oder?
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Wir machten uns also auf den Weg, um die Peloponnes anzusteuern. Unser Navi hatte eine Fahrtstrecke von ca. 280km errechnet. Bis auf ein kleines Stück Autobahn erwies sich die "new national road" als eine üble Buckelpiste, die mit Schlaglöchern nicht geizte. Somit verringerte sich die ohnehin schon niedrige Durchschnittsgeschwindigkeit nochmal deutlich... aber egal, wir hatten ja Zeit! Die Griechen erwiesen sich übrigens als äußerst entspannte Autofahrer. Irgendwie wird in Griechenland grundsätzlich die Standspur mit genutzt, dies eigneten wir uns natürlich auch sofort an. Somit stellten wir mit unserem Geschleiche auch kein großes Verkehrs-Hindernis dar
Geschwindigkeitsbegrenzungen werden von den Griechen eher als Ratschlag empfunden, ebenso Überholverbote und durchgezogene Linien. Jedoch wird die Hupe ausschließlich zu Gruß-Zwecken genutzt, es wurde nie gedrängelt oder genötigt. Selbst wenn mal kein Platz zum Überholen war, fuhren die Einheimischen halt entspannt so lange hinter uns her, bis sich wieder eine Gelegenheit bot. Auch parken im Halteverbot, in zweiter oder sogar dritter Reihe, wird toleriert. Und wenn mal ein Auto eine Durchfahrt blockiert, wird auch in Seelenruhe gewartet. Der Grieche an sich fährt zwar gerne schnell, hat es aber nie eilig! Da geht´s immer ganz "siga, siga" zu.
Was auch auffiel, war eine so gut wie nicht vorhandene Polizei-Präsenz. Wie wir später von auf den Peloponnes lebenden Deutschen erfuhren, gibt es oft keinen Sprit für die Einsatzfahrzeuge...
Motorisierte Zweiradfahrer sind grundsätzlich ohne Helm unterwegs. Die in doch sehr großer Zahl vorhandenen Radarfallen ("Starenkästen") wurden zu unserer Verwunderung auch komplett ignoriert - wie wir dann jedoch feststellen durften, funktionieren sie in der Regel gar nicht.
Bei dem kleinen Stück Autobahn wurde dann doch tatsächlich die korrekte Maut abkassiert. Na sowas.
Wir passierten noch die Brücke von Antirrio nach Rio, die den Peloponnes mit dem Festland verbindet. Für dieses stolze Bauwerk, welches auf sandigem Meeresgrund in einem Erdbeben-gefährdeten Gebiet erbaut wurde, durften wir dann nochmal 12€ Maut löhnen. Die Fähren, die dort immer noch verkehren, sind mit ca. 9€ pro WoMo zwar etwas billiger, aber da wir eh schon lange genug unterwegs waren, wählten wir nicht dem Wasserweg.
Brückenüberfahrt auf die Peloponnes (entschuldigt bitte die Fliegenleichen an der Windschutzscheibe )
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Als erstes Ziel hatten wir uns den CP "Kato Alissos" (http://www.camping-kato-alissos.gr/Germ ... _index.htm) im gleichnamigen Ort ausgesucht - wir mussten dringend ver- und entsorgen. Der Platz selber ist zwar am Meer gelegen, jedoch gibt es keine Stellplätze mit direktem Blick aufs Meer. Zum Kiesstrand gelangt man über eine Treppe vom CP aus. Wir wurden sehr freundlich empfangen, die Übernachtung sollte incl. Strom 16€ kosten. Nachdem wir zu Fuß einen schönen Stellplatz auserkoren hatten, der für unser WoMo groß genug war, bezogen wir diesen und installierten uns.
Auf dem CP Kato Alissos
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Überall auf dem Platz Zitronenbäume mit großen, reifen Früchten
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Wir hatten es und gerade in den Stühlen vor dem WoMo bequem gemacht, kam ein freundlicher Herr in Motorradkleidung zu uns: "Grüß Gott, ich bin der Heinz aus Tirol. Würde es Euch stören, wenn ich mein Zelt auf dem Platz neben Euch aufbaue?" So viel Rücksichtnahme machte mich dann erstmal fast sprachlos, obwohl ich sonst eher nicht auf den Mund gefallen bin. Klar durfte Anton, äh Heinz aus Tirol sich neben uns ausbreiten. Und ein kaltes Bier für ihn gab´s auch noch obendrein, über das er sich sichtlich freute.
So kam man dann natürlich auch ins Gespräch, der gute Mann hatte mit seinem Motorrad bereits die Peloponnes bereist und war schon auf dem Rückweg. Gerade pensioniert hatte er diese Rundreise ohne seine daheim gebliebene Frau unternommen, die er aber sichtlich vermisste. Reiseerfahrungen wurden ausgetauscht, und auch hier driftete das Gespräch in philosophische Dimensionen aus. Nur den Sinn des Lebens hatten wir nicht erörtert. Und weil wir uns so nett unterhielten, luden wir ihn dann zu der frischen Spaghetti Bolognese ein, die wir für den Abend geplant hatten. Danach ließ es sich Heinz nicht nehmen, Biggi beim Entfernen der Fliegenreste an der WoMo-Front zu helfen: "Des is doch keine Arbeit für Frauen."
Heinz bei der Arbeit - danke Dir, ist sehr gut geworden
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Da uns die Anreise doch noch etwas in den Knochen steckte, außerdem die Erholung so langsam einsetzte, wurden wir alle an diesem Abend nicht alt. Auch Heinz verschwand gegen 22:30 im Zelt.
Montag, 4. Mai 2015
Ich war gerade wach geworden, als Heinz sich schon verabschiedete und sich überschwänglich für den schönen Abend bedankte. Heinz, wir haben ihn ebenso genossen!
Gemütlich tranken wir Kaffee, ver- und entsorgten unser WoMo (Entsorgung mangels Bodeneinlass etwas mühevoll Eimerweise), die sanitären Anlagen ausgiebig genutzt hatten, machten wir uns langsam auf den Weg. Wir wollten die Westküste in Richtung Süden fahren. Ausgestatten hatten wir uns im Vorfeld mit reichlich Informationen aus dem Internet, einer Generalstabskarte von Griechenland (Freytag & Bernd), Marco-Polo-Reiseführer und Navi mit diversen POIs. Und im Vorfeld hatte ich natürlich den berühmt-berüchtigten "Schulz" für die Peloponnes erworben. Mit einem Mix aus diesen unterschiedlichen Informationsquellen fühlten wir uns ganz gut vorbereitet. Einen Plan, wann wir wo sein wollten, gab es auch diesmal nicht. Wir hatten uns daher relativ spontan dazu entschlossen, zuerst die Westküste zu bereisen.
Den ersten Halt machten wir dann am Strand von Kalogria. An dem Stellplatz aus dem "Schulz" (N38° 09'34,7" E 21° 22' 02.4") waren übergroße Tafeln aufgebaut: WoMos verboten, Wohnwagen verboten, Zelte verboten, alles verboten. Atmen war, glaube ich, noch erlaubt. Also trollten wir uns wieder.
Den offiziellen WoMo-Stellplatz, den wir kurz vorher auf dem Weg gesehen hatten, ließen wir links liegen, dort gefiel es uns nicht.
Auf dem etwas südlicher gelegenen Parkplatz waren ebenfalls reichlich große Tafeln aufgebaut, die mit diversen Piktogrammen und Worten in verschiedensten Sprachen Campingverbote anzeigten, welche von diversen WoMo-Besatzungen großzügig ignoriert wurden. Mit diesen kamen wir recht schnell ins Gespräch, sie würden schon unbehelligt dort mehrere Tage stehen. Aber so richtig wohl fühlten wir uns dort auch nicht, irgendwie war das eher Parkplatz-Atmosphäre. Und wenn das Bauchgefühl nicht stimmt, ist das nix für uns. Also ging´s weiter.
Den nächsten Tipp hatten wir von "Meusel" aus der "Mobilen Freiheit". Südlich von Killini am Strand von Kastro (N37.8892 E21.1117) rollten wir von der Straße hinunter zum Strand und fanden ein Paradies vor: direkt am Wasser auf einem kleinen Plateau standen unaufdringlich ca. 6-7 Wohnmobile, schön verteilt über die großzügige Fläche. Ein Traum. Also parkten wir direkt in erster Reihe unseren "Käptn" (ach so, so haben wir unser WoMo genannt).
Ein WoMo-Paradies!
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Von den allesamt sehr freundlichen WoMo-Besatzungen erfuhren wir auch, dass direkt hinter der angrenzenden Taverne ein Wasserhahn sowie eine Stranddusche vorhanden waren. Die Taverne hatte bisher leider nur am Wochenende geöffnet. Da wir aber noch genügend Vorräte an Bord hatten, war das für uns kein Problem. Herz, was willst Du mehr! Wir packten zwei Stühle aus und machten es uns in der Sonne bequem. Apropos Sonne: seit dem Erreichen der Peloponnes hatten wir ca. 25 Grad tagsüber. Nachts gingen die Temperaturen auf angenehme 18 Grad herunter, das garantierte erholsamen Schlaf. Perfektes Wetter also auch noch!
Gegen frühen Abend spazierte dann ein junger Mann an unserem WoMo vorbei, der auf dem Weg zu seinem "Feierabendbier" enttäuscht feststellte, dass die Taverne geschlossen hatte. Man ist ja kein Unmensch, also luden wir "Fips", wie er sich nannte, zu uns auf ein Bier ein. In der Unterhaltung, die sich dann recht schnell entwickelte, stellte sich heraus, dass Fips mit einem gleichgesinnten anderen jungen Mann und einer jungen Frau seit 2009 auf Achse war. Ehemalige Pferdetransporter und ähnliche Fahrzeuge waren zum Wohnmobilen ausgebaut worden, der Spritverbrauch dieser drei Gefährte betrug zusammen ca. 60l Diesel auf 100km. Das ist mal ne Ansage! Nix mit Euro 5
Fips bestritt seinen Unterhalt mit einem ungewöhnlichen Beruf: er war Feuerkünstler. Wenig Körperbehaarung an den Armen verriet, dass das nicht immer gut geht Des Weiteren präsentierte die Truppe Straßenmusik, Akrobatik etc. Hier die Internet-Adresse der drei jungen Leute: http://www.circusbambule.com/freaks-on-the-road/
Zum Abendessen gab es hinterher, na ich sag mal Stifado - zu dem Zeitpunkt wussten wir zwar, dass es dieses Gericht gibt, aber nicht wie man es zubereitet. Also auf jeden Fall reichlich landestypisches Gemüse (Auberginen, Zucchini, Zwiebel, Knoblauch, Tomaten, ...) mit etwas Fleisch und Feta mit Olivenöl in der Pfanne zubereitet. Fortan hieß jedes Gericht, welches wir mit den Zutaten, die wir gerade da hatten, gekocht wurde, Stifado Wie wir dann hinterher erfahren hatten, gibt es wohl auch zig verschiedene Arten, wie man ein Stifado zubereitet. Also haben wir gar nicht sooo schlecht gelegen mit der Bezeichnung. Das Abendessen nahmen wir dann im WoMo zu uns, da gegen Nachmittag ein unangenehmer Wind eingesetzt hatte, der zwar auch die Mücken vertrieb, uns aber auch in unsere Landyacht. Kurz vor der Dämmerung hörte der Wind dann aber wieder auf, so dass wir noch einen wunderschönen Sonnenuntergang draußen verbringen konnten.
Sonnenuntergang, rechts im Bild übt Fips für seine Feuershow
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Wir verbrachten eine herrlich ruhige Nacht mit Meeresrauschen.
Fortsetzung folgt...
Aber damit Ihr schon mal was zum Lesen habt, hier der erste von vier Teilen! Viel Spaß
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Peloponnes Mai 2015
Urlaub. Definiere: Entspannung, Erholung, richtig gutes Wetter. Nette Menschen kennen lernen, aber auch Einsamkeit suchen und finden. Schöne Landschaft, tolle Strände, Meer, schöne Städte. Freiheit mit dem Wohnmobil genießen. Ein wenig Kultur darf auch sein. Gutes Essen sowieso. Das ist zumindest unsere Definition für einen gelungenen Urlaub. Da diese Zeit sehr kostbar und rar ist, will gut überlegt sein, wo man sie verbringt. Unsere diesjährige Wahl ist auf ein Ziel gefallen, das leider zur Zeit von den Medien und vielen Menschen in Deutschland verunkt wird: Griechenland. Wir wollten auf die Peloponnes. Was haben wir uns vor unserer Reise alles anhören müssen: seid Ihr denn verrückt, habt Ihr keine Angst, wieso fahrt Ihr in ein Land, das der EU so schadet... Okay, dies soll ein Reisebericht sein, und von daher will ich keine politischen Diskussionen lostreten. Nur so viel sei gesagt: ja, wir hatten Angst. Und zwar vor der Herzlichkeit der Menschen, die uns fast erdrückt hatte. Ja, wir sind sogar "beworfen" worden: mit Geschenken. Von Menschen, die mit Sicherheit sehr viel bescheidener leben als wir.
Wir hoffen, dass dieser Reisebericht nur ansatzweise die ausschließlich positiven Eindrücke und wahrhaft nur poetisch zu beschreibenden Gefühle ausdrückt, die uns diese Reise in das traumhafte Griechenland vermittelt hat. Hier machen die Götter Urlaub, und wir durften es ihnen nachahmen!
Ihr mögt diese Poesie entschuldigen, aber das Land der Philosophen hinterlässt halt seine Spuren
Also, los geht´s, wer jetzt noch mag: begleitet uns in 3,5 Wochen wunderschönen Urlaub.
Mittwoch, den 29.4.2015
Vor der Reise musste natürlich geklärt werden, wie wir an unser eigentliches Ziel kommen. Da wir auf den Landweg diesmal keine Lust hatten, blieb also nur noch die Fähre ab Italien. Es sollte auf jeden Fall eine Überfahrt mit Camping an Bord sein. Für eine Online-Buchung direkt über das Portal von Anek/Superfast hatten wir zu lange gezögert: zu unseren Terminen waren bereits Anfang Februar keine Plätze mehr frei. Dank dem von vielen empfohlenen Reisebüro "Linos Travel" konnten wir aber doch noch Plätze ergattern - zwar nicht exakt zu unseren Wunschterminen, aber doch nahe dran. So mussten wir uns dann kurzfristig noch den 30. April frei nehmen, das ging zum Glück bei uns beiden - die Fähre hin ging am Freitag, den 1. Mai um 16:30, zurück am Donnerstag, den 21. Mai. Hin von Ancona nach Igoumenitsa (warum nicht direkt Patras erkläre ich später), zurück ab Patras nach Ancona.
Als Berufstätige mussten wir am Starttag leider beide noch bis 16:00 arbeiten. Da wir aber im Vorfeld schon gut vorbereitet waren und alles gepackt hatten, schafften wir es doch tatsächlich, um 18:10 den Zündschlüssel des WoMos zu drehen: ab dem Moment waren wir im Urlaub. Ein Grinsen machte sich auf unseren Gesichtern breit, der ganze Stress des Alltagslebens fiel im nu von uns ab.
Erstaunlicher Weise hatten wir auf der A3 an Köln vorbei gar keinen Stau - ein vollkommen überirdisches Phänomen, welches sich auf unserer gesamten Reise fortsetzen sollte.
Die Hinreise war standard-mäßig über die Schweiz geplant, durch den St. Gotthard-Tunnel (oder bei Stau vor demselben über den Pass). Bedingt durch die Entkopplung des Euro an den Franken und den aktuell schlechten Wechselkurs sollte die Vignette für die Schweiz (bis 3,5t) 40€ kosten - und an der Tankstelle wurden zusätzlich 4€ "Bearbeitungsgebühr" für die Erstehung derselben fällig! Also, das sind ja Sitten. Demnächst muss ich für ein Eis auch noch Bearbeitungsgebühr bezahlen... Egal, wir hatten keine Lust auf Diskussionen, ist ja schließlich Urlaub.
Da wir eigentlich reichlich Zeit für die Hinfahrt hatten, war der Plan folgender: es gab keinen. Mit Fahrerwechseln, Vorfreude und reichlich Gesprächen verging die Zeit wie im Flug, erst kurz vor dem Gotthard-Tunnel setzte ein wenig Müdigkeit ein. Also beschlossen wir, ein paar Stunden zu schlafen und fuhren einfach eine Raststätte an. Die dort ausgewiesenen Schilder, die besagten, Übernachtungen auf der Raststätte würden 15€ pro WoMo kosten, ließen die Müdigkeit schnell verfliegen - für einen ruhigen Stellplatz wären wir durchaus bereit, einen Obulus zu entrichten, aber für eine Raststätte, an der die Fahrzeuge in unmittelbarer Nähe vorbei donnern, womöglich noch direkt neben einem Kühllaster stehend - nein danke! Also ging es noch weiter. Ja, wenn´s so gut läuft, dann nehmen wir noch den Tunnel mit der Pass war zu diesem Zeitpunkt tatsächlich noch gesperrt, also Alternative: keine!
Nach dem Tunnel, in dem der vor uns fahrende PKW ein "dezent" merkwürdiges Fahrverhalten an den Tag bzw. die Nacht legte (abrupte Geschwindigkeitswechsel von 40 bis 80km/h, etliche Schlenker über die Mittellinie), war dann doch die Energie aufgebraucht. Also fuhren wir die für Übernachtungen kostenlose(!) Raststätte "San Gottardo Sud" an. Da wir beide relativ unempfindlich gegenüber Geräuschen im Schlaf sind und die Müdigkeit mittlerweile einen Punkt erreicht hatte, in dem wir beide eine Weiterfahrt als Verstoß gegen die Genfer und andere Konventionen einordneten, war uns diese Wahl vollkommen recht. Wir verbrachten trotz der Autobahnnähe und einer angrenzenden Zugstrecke eine durchaus erholsame Nacht.
Donnerstag, den 30.4.2015
Das erste Mal aufwachen im WoMo: erstmal orientieren, irgendwas ist anders als im Alltag. Und es ist schööööön! Da meine Holde noch den Schlaf des (der?) Gerechten schlief, machte ich mich dran, ihr Lebenselixier herzustellen. Herrlich, das erste Mal wieder Wasser im Flötenkessel kochen und frischen Kaffee aufbrühen. Aber selbst das dezente Gepfeife des Kessels erzeugte keine Regung bei meiner besseren Hälfte. Sogar der Duft vom frischen Kaffee, der sonst Wunder wirkt, blieb bar von jeder Reaktion. Jetzt half nur noch der "brutalste" aller Tricks: den dampfenden Pott direkt vor ihre Nase halten, auch auf die Gefahr hin, dass eine plötzliche Bewegung unser Bett verziert hätte. Und siehe da: ES LEBT! Wie einen Esel mit einer Möhre vor der Nase konnte ich sie aus dem Bett locken. Nach fast intra-venöser Verabreichung des Gebräus waren die Lebensgeister wieder geweckt.
Nach erledigter Morgentoilette und dem Abwasch ging es dann flott weiter in Richtung Italien. Die Grenze passierten wir ohne Kontrolle, die Weiterfahrt verlief wenig spektakulär. Lediglich der Autobahnring um Mailand erfordert dank der hektischen Fahrweise einiger Einheimischer etwas Konzentration. Woran ich mich nicht so richtig erinnern kann: war da schon immer 90km/h angesagt? Und was ich mich auch noch frage: warum hält sich so gut wie keiner dran???
Ach ja, das vergaß ich noch zu erwähnen: bis auf ein paar Regentropfen unterwegs war das Wetter bisher eigentlich ganz okay, südlich des Gotthard-Tunnels war es dann richtig schön und wurde zunehmend in Richtung Süden noch wärmer.
Gegen frühen Nachmittag waren wir bereits kurz vor Ancona. Da wir mehrfach gelesen hatten, dass Ancona selber nicht besonders viel zu bieten hat, entschieden wir uns (auf den Spuren von Meusel), den neuen Stellplatz in Corinaldo auszuprobieren. Die GPS-Daten hatten wir im Vorfeld notiert, also ließen wir uns vom Navi leiten. In Corinaldo angekommen standen wir erstmal ratlos auf einem Parkplatz vor einer Art Sporthalle - das sah aber gar nicht so nach den Bildern aus, die wir vom Stellplatz gesehen hatten. Also erstmal umschauen, und siehe da: direkt unterhalb des Parkplatzes war, durch Bäume von dort aus nicht sichtbar, der neue Stellplatz angelegt. Wirklich richtig nett gemacht und schön gelegen! Und tatsächlich: mit V/E und Strom - und kostenlos. Leider geben das die Bilder nicht so her, sieht eher nach Parkplatz-Atmosphäre aus.
Stellplatz Corinaldo
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Nachdem wir ja nun reichlich gesessen hatten, ging es dann zu einem kleinen "Walk-off" in das wirklich sehenswerte Corinaldo. Nachfolgend ein paar Impressionen.
Blick von Corinaldo ins Tal - fast schon Toscana-like
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Stadttor
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Gemütliche Gassen
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Abends bekamen wir dann noch Besuch von einem Hund, der offenbar irgendwo ins Dorf gehörte - er hatte ein Halsband und eine Hundemarke. Meine kluge Frau hatte bereits im Vorfeld Hundefutter und Leckerlies eingekauft, da wir uns noch zu gut an die vielen freilaufenden Hunde in Griechenland erinnern konnten. Nachdem sich Hundi also bei uns ein paar Leckerlies abgeholt hatte, trollte er sich zufrieden. Es sollte nicht der letzte Hund in unserem Urlaub gewesen sein...
Freitag, 1. Mai 2015
Wunderbar ausgeschlafen nach einer sehr ruhigen Nacht wurde dann nach dem morgendlichen Kaffee die Dusche in unserem neuen WoMo strapaziert - wir sind nach wie vor super zufrieden, das Raumbad macht richtig Spaß. Genau wie das restliche WoMo auch
Die Ruhe auf dem Platz war jedoch plötzlich vorbei, als mehrere italienische Familien mit PKWs auf dem Stellplatz eintrafen, weil sie diesen als Grillplatz auserkoren hatten. Nun ja, da wir eh nur noch ver- und entsorgen und uns dann in Richtung Fährhafen aufmachen wollten, war uns das eigentlich egal. Aufmerksame Eltern erklärten den Kindern auch sofort, dass die Gießkanne, mit der ich unser Wasser auffüllte, kein Spielzeug zum pritscheln ist.
Dank präziser GPS-Daten des Hafenbüros war das Auffinden desselben kein Problem. Dort angekommen holten wir die bei Anek/Superfast hinterlegten Fährtickets für uns ab und checkten ein. Ursprünglich hätten wir ja um 13:30 mit der "Superfast XI" fahren sollen, jedoch wurden wir telefonisch ein paar Tage vor unserer Abreise davon unterrichtet, dass wir auf die "Olympic Champion" von Anek um 16:30 umgebucht wurden. War uns egal, wichtig war uns nur "echtes" Camping an Bord.
Warten auf das Einschiffen. Unsere Nachbarn verdrückten derweil schon mal paar Dosen Bier...
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Kurz danach ging es auch schon ans Einschiffen. Wir bekamen zwar keinen Platz direkt an einer Außenluke und mussten uns mit der zweiten Reihe zufrieden geben, jedoch waren die Einweiser erstaunlich entspannt. Und wir hatten noch etwas Platz, damit wir Tisch und Stühle neben dem WoMo aufstellen konnten, von dieser Stelle aus sogar mit ein bisschen Meerblick. Strom wurde uns auch sofort angeschlossen.
Unser Plätzchen an Bord, leider etwas verwackelt
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JA, wir haben Camping an Bord
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Der ganz große Haken war dann leider ein Laster mit brummendem Kühlaggregat - genau hinter unserem WoMo! Und das Teil war nicht nur richtig laut, sondern lief bis auf eine kurze Unterbrechung von max. 10 Minuten die ganze Zeit durch...
Aber auch damit konnten wir uns irgendwie arrangieren. Eine Kombination aus anfänglich noch lauterer Musik aus dem Radio, hinterher Ohropax, mit etwas Wein "betäuben" (in dem Wort steckt ja sogar "taub" drin *g*) - umstehende müssen gedacht haben, wir sind schwerhörig, weil wir uns fortan schon fast anschreien mussten. Und schließlich übermannte uns die Müdigkeit. Der Schlaf war dann sogar einigermaßen erklecklich.
Samstag, 2. Mai 2015
Gegen sechs Uhr morgens wurde ich dann wach, das Brummen des Lasters war mittlerweile fast schon - dank selektiver Wahrnehmung? Ich weiß es nicht - vom Gehirn ausgeblendet worden. Oder waren wir doch schon leicht taub?
Da wir dummerweise keinen Wasserkocher mit hatten und wir den Gasbetrieb auf der Fähre, der bekannter maßen ja verboten ist, pflichtbewusst auch nicht verwendeten, gab´s erstmal keinen Kaffee. Das wollten wir dann nach dem Verlassen der Fähre sofort nachholen.
Diese legte dann gegen 8:30 griechischer Zeit in Igoumenitsa an. Ja genau, die Uhren mussten noch alle umgestellt werden. Also hier ein kurzer Uhren-Exkurs: Wie viele von den Dingern man so mitschleppt - jeder eine Armbanduhr, dann je eine im Handy, eine im Fahrzeug-Cockpit, eine im Thermometer, nur das Navi war so clever, sich von alleine anzupassen. Eigentlich totaler Blödsinn, wofür braucht man im Urlaub denn eine Uhr? Doch eigentlich nur, um hinterher rechtzeitig die Fähre zu erwischen. Aber da wollten wir an dieser Stelle erstmal gar nicht dran denken... Mit meiner Armbanduhr hatte ich dann noch Spässle. Da ich Uhren mit Atomzeit-Empfänger bevorzuge, muss ich die ja im Normalfall nie selber stellen. Hier war das nun notwendig. Was ich jedoch niemals gedacht hätte: das blöde Ding hat irgendwie dann doch das Signal erhalten (ich glaube, der Langewellensender steht in Frankfurt-Mainflingen!) und stellte sich störrisch wieder auf die MEZ um. Irgendein kluger Mann hat mal gesagt, moderne Technik sei nur dort sinnvoll, wo man sie nicht bemerkt.
Tja, die Frage, die sich der geneigte Leser jetzt vielleicht stellt: wieso landen die in Igoumenitsa, wenn sie auf die Peloponnes wollen? Wer unseren letzten Griechenland-Bericht gelesen hat (Auf dem Landweg nach Griechenland 2013), wird jetzt schon so eine Ahnung haben. Wir wollten nochmal meinen ehemaligen Arbeitskollegen Evangelos, der mit seiner Frau Renate halbjährig in einem kleinen Bergdorf nahe der albanischen Grenze lebt, besuchen.
Aber zuerst mal war ja Kaffee angesagt. Nachdem wir relativ schnell die Fähre verlassen konnten, fuhren wir ein kleines Stück die Küstenstraße in Richtung Süden. Dort befindet sich, direkt über dem Meer gelegen, ein schöner Picknick-Platz, den wir ansteuerten. Der Platz bietet auch einen Blick auf den Hafen, unsere Fähre hatte schon abgelegt und fuhr weiter nach Patras.
Unser Dampfer dampft nach Patras ab
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Schönes Plätzchen
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Während des allmorgendlichen Kaffee-Zeremoniells kam ich dann mit einem älteren Griechen, der hervorragend englisch beherrschte, ins Gespräch. Dieser parkte mit seinem Auto im Schatten unter den Bäumen und machte dort so eine Art Siesta mit seiner Frau. Wie sich herausstellte, war diese Schwedin. Der Grieche (an dessen Namen ich mich leider nicht erinnern kann) war auch nur zum Urlaub dort und lebte mit seiner Frau in Schweden. Wusste ich doch, dass mir das Kennzeichen vom Auto irgendwie nicht griechisch vorkam! Der gute Mann war dann auch sehr mitteilsam, wir konnten nicht weiter fahren, bis er mir seine gesamte Lebensgeschichte erzählt hatte, die ich Euch hier nur kurz zusammen fassen möchte - Fuhrunternehmer in Rente, evtl. wollten sie sich ein Haus in Griechenland kaufen, ihr kompletter Wohnwagen wurde während des Urlaubs samt Inhalt gestohlen, ... Dann bekamen wir noch eine ausführliche touristische Einweisung in das Land, gefolgt von politisch-philosophischen Ratschlägen, ein kleiner Exkurs in die Marktwirtschaft musste auch noch sein. Nun hätten wir in der Zeit locker jeder 5 Liter Kaffee trinken können, aber man ist ja nicht unhöflich. Zum Glück kam dann ein erlösender Anruf auf dem Handy von Evangelos, der sich nach dem Stand unserer Reise erkundigen wollte. Diese Gelegenheit nutzten wir dann, um uns höflich zu verabschieden, man erwartete uns ja. Und selbst der Abschied dauerte noch länger als zu Hause vor der Abfahrt von den ganzen Verwandten und Freunden.
Evangelos hatte uns - typisch griechisch gastfreundlich - darauf hingewiesen, UNBEDINGT nicht irgendwo vorher Essen zu gehen. Also nahmen wir die etwa 120 Kilometer von Igoumenitsa nach Ano Parakalamos unter die Räder und beherzigten selbstverständlich den Rat des gesprächigen Griechen, die Autobahn zu nehmen und nicht die "old national road". Auf dieser Autobahn konnte dann der Multijet-150-Motor zeigen, was in ihm steckt - starke Steigungen und ebenso starkes Gefälle wechseln sich ab. An der Mautstelle angekommen erklärten Schilder, welche Klasse wie viel kostet. PKWs und WoMos bis 2,7m Höhe 2,40€, unser WoMo mit 2,91m würde demnach in Klasse 2 fallen, also 6€. Als ich am Mauthäuschen stand, dirigierte mich die junge Dame, neben deren Fenster ich hielt, dann erstmal immer weiter nach vorne - warum, war mir erstmal nicht klar, da ich nun hätte aussteigen müssen, um die Zeche zu begleichen. Die Erklärung dafür gab ein Blick nach hinten. Dort war eine Art Messlatte angebracht, die die junge Dame hektisch so lange hin und her drehte, bis unser WoMo um 21 Zentimeter auf 2,7m Höhe geschrumpft war. "Äh, two fourty, please" grinste sie mich an. Also sowas hab ich ja noch nie erlebt. Ich meine, klar freute es mich, dass ich weniger als die Hälfte bezahlen musste - aber wenn die Griechen das immer so handhaben? Böse Zungen wurden jetzt sagen: kein Wunder, dass der Staat pleitegeht.
Nach dem Ende der spiegelglatten Autobahn ging´s dann über eine übel holprige Piste weiter, den Weg in´s Dorf Ano Parakalamos hätten wir diesmal sogar ohne Navi gefunden. Zu gut ist uns die Strecke von September 2013 in Erinnerung geblieben...
Dort angekommen, parkten wir unser WoMo erstmal am Rand des Multi-Funktions-Dorf-Platzes und gingen die paar Meter zu Fuß zu Evangelos´ Haus. Dabei machten wir dann direkt mit den ersten Dorfhunden Bekanntschaft, die uns durch lautstarkes Bellen, aber vor Freude wedelnd ankündigten.
Mein Freund Evangelos und ich
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Wir wurden wieder erschlagen von der Herzlichkeit, mit der wir empfangen wurden. Die Beiden ließen es sich nicht nehmen, uns ganz nach griechischer Manier abzufüttern: es gab frisch gegrilltes Lammfleisch, dazu bergeweise leckere Beilagen wie gebratene Paprika, Käse, Salat (mit frischem Anis gewürzt! Wusste gar nicht, dass ich sowas mag), gebratene Kartoffeln, und und und... Leider hab ich vor lauter Appetit ganz vergessen, ein Bild von der Festtafel zu machen, die sich unter den vielen Schüsseln und Tellern bog. Gespiesen wurde stilecht auf der Terrasse mit Blick auf das schöne Tal, wir hatten die Ehrenplätze. Abgerundet wurde das Ganze durch herrliche Gespräche, die natürlich schon einen teils sehr philosophischen Character hatten. Überhaupt war die Freude, unsere lieben Freunde in Griechenland zu treffen, mit einem Hauch Magie gesegnet.
Nachdem wir nun mehr als pappsatt waren, ließ es sich Evangelos nicht nehmen, uns das Dorf ausführlich zu zeigen. Also machten wir einen Spaziergang, bei dem wir unter Anderem die ehemalige Schule, die Kirche und andere Örtlichkeiten besuchten. Wir erfuhren auch etwas über die Geschichte - das Dorf hatte früher ca. 5000 (!) Einwohner, bei irgendwelchen Querelen kam es dann zu einer Spaltung. Nun sind noch ca. 50 Menschen übrig geblieben, die Ano Parakalamos bewohnen.
Abends wurde dann der offene Kamin angezündet, wir redeten und redeten und lachten natürlich auch sehr viel. Und: es gab klarer Weise noch Abendessen... ich glaube, an diesem Moment schon das Hüftgold wachsen gespürt zu haben.
gemütliches Kaminfeuer
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Ein "Selfie" mit Renate, Biggi, Evangelos und mir (von rechts nach links) in der gemütlichen Wohnküche
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Eine kleine Attraktion durften wir dann auch noch erleben: eine Nachtigall, die auch ihr zu Hause in Ano Parakalamos gefunden hat, begann ihre Liedchen zu trällern. Und jeden Morgen, wenn Evangelos´ Cousin Jorgos ihn besuchen kommt, pfeift dieser ein Liedchen. Und genau dieses Liedchen hat die Nachtigall übernommen, so dass Evangelos und Renate irgendwann überrascht dachten, Jorgos käme ein zweites Mal an diesem Tag zu ihnen
Herrlich ruhig haben wir auf dem Dorfplatz gestanden
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Die Nacht verbrachten wir dann sehr erholsam im WoMo, die Nachtigall sang uns in den Schlaf. Einfach traumhaft.
Sonntag, 3. Mai 2015
Wir erwachten herrlich ausgeruht. Nach der Morgentoilette waren wir dann - NATÜRLICH - bei unseren Freunden zum opulenten Frühstück eingeladen, welches sich auch gemütlich in die Länge zog. Urlaub ist doch was Feines
Ich bekam auch noch eine Führung durch Evangelos und Renate liebevoll angelegten Gemüse - und Blumengarten, eine wahre Freude, sich das anzuschauen.
Aber irgendwann war dann auch der Moment des Aufbruchs gekommen. Wir verabschiedeten uns schweren Herzens von unseren Gastgebern, die wirklich keine Mühen gescheut hatten, uns den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Und damit wir auch ja nicht verhungern, gab´s dann noch ein dickes Kehrpaket mit auf die Reise - eingelegtes Gemüse, selbst gebackene Brötchen, Hörnchen, Kuchen, Lammfleisch für das Gefrierfach, und und und - gut, dass wir in unserem neuen WoMo einen großen Kühlschrank haben, der jedoch nach diesen Gaben an seine Belastungsgrenze kam
Mit Evangelos´ Spazierstock auf der Bank, auf der die alten Männer des Dorfes immer beisammen sitzen - sehe doch authentisch griechisch aus, oder?
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Wir machten uns also auf den Weg, um die Peloponnes anzusteuern. Unser Navi hatte eine Fahrtstrecke von ca. 280km errechnet. Bis auf ein kleines Stück Autobahn erwies sich die "new national road" als eine üble Buckelpiste, die mit Schlaglöchern nicht geizte. Somit verringerte sich die ohnehin schon niedrige Durchschnittsgeschwindigkeit nochmal deutlich... aber egal, wir hatten ja Zeit! Die Griechen erwiesen sich übrigens als äußerst entspannte Autofahrer. Irgendwie wird in Griechenland grundsätzlich die Standspur mit genutzt, dies eigneten wir uns natürlich auch sofort an. Somit stellten wir mit unserem Geschleiche auch kein großes Verkehrs-Hindernis dar
Geschwindigkeitsbegrenzungen werden von den Griechen eher als Ratschlag empfunden, ebenso Überholverbote und durchgezogene Linien. Jedoch wird die Hupe ausschließlich zu Gruß-Zwecken genutzt, es wurde nie gedrängelt oder genötigt. Selbst wenn mal kein Platz zum Überholen war, fuhren die Einheimischen halt entspannt so lange hinter uns her, bis sich wieder eine Gelegenheit bot. Auch parken im Halteverbot, in zweiter oder sogar dritter Reihe, wird toleriert. Und wenn mal ein Auto eine Durchfahrt blockiert, wird auch in Seelenruhe gewartet. Der Grieche an sich fährt zwar gerne schnell, hat es aber nie eilig! Da geht´s immer ganz "siga, siga" zu.
Was auch auffiel, war eine so gut wie nicht vorhandene Polizei-Präsenz. Wie wir später von auf den Peloponnes lebenden Deutschen erfuhren, gibt es oft keinen Sprit für die Einsatzfahrzeuge...
Motorisierte Zweiradfahrer sind grundsätzlich ohne Helm unterwegs. Die in doch sehr großer Zahl vorhandenen Radarfallen ("Starenkästen") wurden zu unserer Verwunderung auch komplett ignoriert - wie wir dann jedoch feststellen durften, funktionieren sie in der Regel gar nicht.
Bei dem kleinen Stück Autobahn wurde dann doch tatsächlich die korrekte Maut abkassiert. Na sowas.
Wir passierten noch die Brücke von Antirrio nach Rio, die den Peloponnes mit dem Festland verbindet. Für dieses stolze Bauwerk, welches auf sandigem Meeresgrund in einem Erdbeben-gefährdeten Gebiet erbaut wurde, durften wir dann nochmal 12€ Maut löhnen. Die Fähren, die dort immer noch verkehren, sind mit ca. 9€ pro WoMo zwar etwas billiger, aber da wir eh schon lange genug unterwegs waren, wählten wir nicht dem Wasserweg.
Brückenüberfahrt auf die Peloponnes (entschuldigt bitte die Fliegenleichen an der Windschutzscheibe )
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Als erstes Ziel hatten wir uns den CP "Kato Alissos" (http://www.camping-kato-alissos.gr/Germ ... _index.htm) im gleichnamigen Ort ausgesucht - wir mussten dringend ver- und entsorgen. Der Platz selber ist zwar am Meer gelegen, jedoch gibt es keine Stellplätze mit direktem Blick aufs Meer. Zum Kiesstrand gelangt man über eine Treppe vom CP aus. Wir wurden sehr freundlich empfangen, die Übernachtung sollte incl. Strom 16€ kosten. Nachdem wir zu Fuß einen schönen Stellplatz auserkoren hatten, der für unser WoMo groß genug war, bezogen wir diesen und installierten uns.
Auf dem CP Kato Alissos
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Überall auf dem Platz Zitronenbäume mit großen, reifen Früchten
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Wir hatten es und gerade in den Stühlen vor dem WoMo bequem gemacht, kam ein freundlicher Herr in Motorradkleidung zu uns: "Grüß Gott, ich bin der Heinz aus Tirol. Würde es Euch stören, wenn ich mein Zelt auf dem Platz neben Euch aufbaue?" So viel Rücksichtnahme machte mich dann erstmal fast sprachlos, obwohl ich sonst eher nicht auf den Mund gefallen bin. Klar durfte Anton, äh Heinz aus Tirol sich neben uns ausbreiten. Und ein kaltes Bier für ihn gab´s auch noch obendrein, über das er sich sichtlich freute.
So kam man dann natürlich auch ins Gespräch, der gute Mann hatte mit seinem Motorrad bereits die Peloponnes bereist und war schon auf dem Rückweg. Gerade pensioniert hatte er diese Rundreise ohne seine daheim gebliebene Frau unternommen, die er aber sichtlich vermisste. Reiseerfahrungen wurden ausgetauscht, und auch hier driftete das Gespräch in philosophische Dimensionen aus. Nur den Sinn des Lebens hatten wir nicht erörtert. Und weil wir uns so nett unterhielten, luden wir ihn dann zu der frischen Spaghetti Bolognese ein, die wir für den Abend geplant hatten. Danach ließ es sich Heinz nicht nehmen, Biggi beim Entfernen der Fliegenreste an der WoMo-Front zu helfen: "Des is doch keine Arbeit für Frauen."
Heinz bei der Arbeit - danke Dir, ist sehr gut geworden
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Da uns die Anreise doch noch etwas in den Knochen steckte, außerdem die Erholung so langsam einsetzte, wurden wir alle an diesem Abend nicht alt. Auch Heinz verschwand gegen 22:30 im Zelt.
Montag, 4. Mai 2015
Ich war gerade wach geworden, als Heinz sich schon verabschiedete und sich überschwänglich für den schönen Abend bedankte. Heinz, wir haben ihn ebenso genossen!
Gemütlich tranken wir Kaffee, ver- und entsorgten unser WoMo (Entsorgung mangels Bodeneinlass etwas mühevoll Eimerweise), die sanitären Anlagen ausgiebig genutzt hatten, machten wir uns langsam auf den Weg. Wir wollten die Westküste in Richtung Süden fahren. Ausgestatten hatten wir uns im Vorfeld mit reichlich Informationen aus dem Internet, einer Generalstabskarte von Griechenland (Freytag & Bernd), Marco-Polo-Reiseführer und Navi mit diversen POIs. Und im Vorfeld hatte ich natürlich den berühmt-berüchtigten "Schulz" für die Peloponnes erworben. Mit einem Mix aus diesen unterschiedlichen Informationsquellen fühlten wir uns ganz gut vorbereitet. Einen Plan, wann wir wo sein wollten, gab es auch diesmal nicht. Wir hatten uns daher relativ spontan dazu entschlossen, zuerst die Westküste zu bereisen.
Den ersten Halt machten wir dann am Strand von Kalogria. An dem Stellplatz aus dem "Schulz" (N38° 09'34,7" E 21° 22' 02.4") waren übergroße Tafeln aufgebaut: WoMos verboten, Wohnwagen verboten, Zelte verboten, alles verboten. Atmen war, glaube ich, noch erlaubt. Also trollten wir uns wieder.
Den offiziellen WoMo-Stellplatz, den wir kurz vorher auf dem Weg gesehen hatten, ließen wir links liegen, dort gefiel es uns nicht.
Auf dem etwas südlicher gelegenen Parkplatz waren ebenfalls reichlich große Tafeln aufgebaut, die mit diversen Piktogrammen und Worten in verschiedensten Sprachen Campingverbote anzeigten, welche von diversen WoMo-Besatzungen großzügig ignoriert wurden. Mit diesen kamen wir recht schnell ins Gespräch, sie würden schon unbehelligt dort mehrere Tage stehen. Aber so richtig wohl fühlten wir uns dort auch nicht, irgendwie war das eher Parkplatz-Atmosphäre. Und wenn das Bauchgefühl nicht stimmt, ist das nix für uns. Also ging´s weiter.
Den nächsten Tipp hatten wir von "Meusel" aus der "Mobilen Freiheit". Südlich von Killini am Strand von Kastro (N37.8892 E21.1117) rollten wir von der Straße hinunter zum Strand und fanden ein Paradies vor: direkt am Wasser auf einem kleinen Plateau standen unaufdringlich ca. 6-7 Wohnmobile, schön verteilt über die großzügige Fläche. Ein Traum. Also parkten wir direkt in erster Reihe unseren "Käptn" (ach so, so haben wir unser WoMo genannt).
Ein WoMo-Paradies!
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Von den allesamt sehr freundlichen WoMo-Besatzungen erfuhren wir auch, dass direkt hinter der angrenzenden Taverne ein Wasserhahn sowie eine Stranddusche vorhanden waren. Die Taverne hatte bisher leider nur am Wochenende geöffnet. Da wir aber noch genügend Vorräte an Bord hatten, war das für uns kein Problem. Herz, was willst Du mehr! Wir packten zwei Stühle aus und machten es uns in der Sonne bequem. Apropos Sonne: seit dem Erreichen der Peloponnes hatten wir ca. 25 Grad tagsüber. Nachts gingen die Temperaturen auf angenehme 18 Grad herunter, das garantierte erholsamen Schlaf. Perfektes Wetter also auch noch!
Gegen frühen Abend spazierte dann ein junger Mann an unserem WoMo vorbei, der auf dem Weg zu seinem "Feierabendbier" enttäuscht feststellte, dass die Taverne geschlossen hatte. Man ist ja kein Unmensch, also luden wir "Fips", wie er sich nannte, zu uns auf ein Bier ein. In der Unterhaltung, die sich dann recht schnell entwickelte, stellte sich heraus, dass Fips mit einem gleichgesinnten anderen jungen Mann und einer jungen Frau seit 2009 auf Achse war. Ehemalige Pferdetransporter und ähnliche Fahrzeuge waren zum Wohnmobilen ausgebaut worden, der Spritverbrauch dieser drei Gefährte betrug zusammen ca. 60l Diesel auf 100km. Das ist mal ne Ansage! Nix mit Euro 5
Fips bestritt seinen Unterhalt mit einem ungewöhnlichen Beruf: er war Feuerkünstler. Wenig Körperbehaarung an den Armen verriet, dass das nicht immer gut geht Des Weiteren präsentierte die Truppe Straßenmusik, Akrobatik etc. Hier die Internet-Adresse der drei jungen Leute: http://www.circusbambule.com/freaks-on-the-road/
Zum Abendessen gab es hinterher, na ich sag mal Stifado - zu dem Zeitpunkt wussten wir zwar, dass es dieses Gericht gibt, aber nicht wie man es zubereitet. Also auf jeden Fall reichlich landestypisches Gemüse (Auberginen, Zucchini, Zwiebel, Knoblauch, Tomaten, ...) mit etwas Fleisch und Feta mit Olivenöl in der Pfanne zubereitet. Fortan hieß jedes Gericht, welches wir mit den Zutaten, die wir gerade da hatten, gekocht wurde, Stifado Wie wir dann hinterher erfahren hatten, gibt es wohl auch zig verschiedene Arten, wie man ein Stifado zubereitet. Also haben wir gar nicht sooo schlecht gelegen mit der Bezeichnung. Das Abendessen nahmen wir dann im WoMo zu uns, da gegen Nachmittag ein unangenehmer Wind eingesetzt hatte, der zwar auch die Mücken vertrieb, uns aber auch in unsere Landyacht. Kurz vor der Dämmerung hörte der Wind dann aber wieder auf, so dass wir noch einen wunderschönen Sonnenuntergang draußen verbringen konnten.
Sonnenuntergang, rechts im Bild übt Fips für seine Feuershow
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Wir verbrachten eine herrlich ruhige Nacht mit Meeresrauschen.
Fortsetzung folgt...