Basisinfo Frankreich

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wienix
Routinierter Camper
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Basisinfo Frankreich

Beitrag von wienix »

Statistisches, ganz allgemein fast ohne Zahlen:
Frankreich (Mutterland) ist an Fläche noch um zwei Drittel größer als Deutschland (inkl. "neue" Bundesländer), es ist damit der größte Flächenstaat im Kern Europas. Die Bevölkerungsdichte hat indessen nicht einmal den halben Wert der deutschen. Die Besiedlung ist sehr ungleichmäßig. Über 20% der Franzosen leben im Großraum Paris, während ganze Landstriche etwa im Limousin fast unbewohnt wirken. Weitere Konzentrationen gibt es z.B. in und im Umfeld von Marseille, Toulouse, Lyon. Die Gebiete außerhalb solcher Großräume sind daher entsprechend gering besiedelt.

Lebensart und Lebensverhältnisse, wie geht´s dem Nachbarn?
Das Bruttoinlandsprodukt ist nominal eine Winzigkeit geringer als in der BRD, die Franzosen leben praktisch auf demselben wirtschaftlichen Niveau, auch wenn vieles baufällig erscheint. Die Einkommensverteilung ist ebenfalls ungleich, und für dieselbe Kaufkraft wie bei uns muss man in F mehr Arbeitszeit aufwenden. Äußere Erscheinung von Haus und Hof ist den Franzosen vergleichsweise unwichtig, auch das Vorzeigen von sozialem Stand mittels Pkw oder Möblierung ist unüblich und "wirkt" nicht so recht. Sozialstatus wird dagegen gern mit teurem Konsum in teurer Gastronomie definiert, da lässt man sich gern in ausgewählter Kleidung sehen, dort sieht man sich interessiert um, wer sonst noch da ist, besonders an Wochenenden.

Höflichkeit und Zuwendung sind klassische Eigenschaften der Franzosen. Natürlich gibt es auch in F mal Miesmacher, aber typisch sind das freundliche Gesicht, die Bereitschaft zum Gespräch, die Anteilnahme - übrigens gerade auch bei Deutschen. Doch obwohl viele Deutsch gelernt haben: man trifft praktisch keinen Franzosen, der es auch spricht. Dagegen ist man allgemein überaus um geglückte Verständigung bemüht, wenn wir (kein Französisch gelernt) im Gespräch mit unserem Gestolpere nicht weiterkommen.

Verkehr, für uns immer wichtig und deshalb etwas ausführlicher:
In den Ballungszonen ist das Aufkommen erwartungsgemäß extrem, außerhalb der Hauptverbindungslinien gibt es dagegen landesweit kaum Verkehr. Im Juli und August gibt es in den Feriengebieten allerdings überall Staus, am schlimmsten im Westen und Süden, wenigstens an Wochenenden. Mittlerweile verfügt Frankreich über ein ausreichendes Autobahnnetz, privatwirtschaftlich organisiert, wobei die meisten Strecken mit Beträgen mautpflichtig sind, was bei Wohnmobilen in jedem Fall mit einem Vielfachen der Kraftstoffkosten zu Buche schlägt. Wer aus diesem Grund Nationalstraßen und Landstraßen vorzieht, muss die Vor-stellungen, die ein Pkw-Fahrer vom Vorwärtskommen hat, fallen lassen. Ein Durchschnitt von etwa 60 Kilometern Streckengewinn pro Stunde ist dort realistisch. Der Straßenzustand ist durchweg in Ordnung, nur auf Nebenstrecken hie und da wirklich schlecht.

Tempolimit auf Autobahnen max. 130 km/h, für Wohnmobile 90 km/h, auf vierspurig ausgebauten Strecken max. 110 km/h (90 !), ansonsten außerhalb von Ortschaften max. 90 km/h, innerorts max. 50 km/h. Geschwindigkeitskontrollen sind im Verlauf der letzten 10 Jahre immer häufiger geworden, auch in der Provinz. WerdenTempoüberschreitungen dokumentiert, entstehen sehr unangenehme Folgen, Tendenz zur jährlich weiteren Verschärfung.

Besonders erwähnenswert ist das Verhalten im Straßenverkehr. Es hilft uns an dieser Stelle nicht weiter, wenn wir schönfärberische Vokabeln suchen - das Verkehrsverhalten in Frankreich erfordert immer erhöhte Wachsamkeit, und muss in den Ballungsgebieten und Teilen des Südens als katastrophal bezeichnet werden. Mit unseren gut sichtbaren und langsamen Wohnmobilen sind wir grundsätzlich wohl weniger gefährdet als Pkws, aber auch wir müssen mit "Überraschungen" rechnen. Nicht immer geht Schneiden unübersichtlicher Kurven, Überholen trotz belebter Gegenspur, Versuche des Erzwingens von Vorfahrt gut. Die Kreuze, die man allenthalben im Straßengraben errichtet sieht, die häufigen Blumengebinde an den Leitplanken sprechen Bände. Frankreich hat eine Führungsposition in der Unfallstatistik Europas erreicht. 95% der Franzosen haben die ständige Präsenz von Unfallgefahren durch Raser und brutale Auftritte im Verkehr so satt, dass der Staat seit ein paar Jahren mit besonderen Programmen und drakonischen Mitteln (extreme Geldstrafen, Einzug der Fahrzeuge, Kriminalisierung bis zu mehrjähriger Haft) gegensteuert - leider bislang nicht recht erfolgreich, die Anzahlen der Unfälle, schlimmer noch die der Schwerverletzten und Toten, sind deprimierend. Es ist soweit gekommen, dass Verlage Karten publizieren, auf denen Strecken farblich gekennzeichnet sind, die man nach Möglichkeit wegen der Gefährdung dort meiden sollte, der große Michelin hat solch eine Karte standardmäßig ganz vorne eingebunden. Wenn man nicht grad allein auf der Straße ist, fährt man am besten mit besonderer Zurückhaltung und ständiger Bereitschaft zu defensivem Verhalten.

Unfälle sind immer unerfreulich, von der Polizei (Gendarmerie) darf man keine aufklärende Hilfen erwarten, weil sie streng alles unterlassen muss, was als Parteinahme gedeutet werden könnte. Realistisch gesehen ist bei Zusamenstößen meist ein "Zweifelsfall" gegeben und nicht mit Zeugen zu eigenen Gunsten zu rechnen. Wenn juristische Nachspiele folgen, dann muss man mit Schuldparität rechnen, was nach französischem Recht bedeuten kann, dass jeder Beteiligte den Schaden des Gegners zu tragen hat, unabhängig von der Schadenshöhe. Genaues Nachdenken darüber, was dabei herauskommen kann, das ist beim Finden der richtigen Einstellung zum Autofahren in Frankreich besonders hilfreich.

Kriminalität, Selbstverständliches und Dubioses:
Dass man sein Wohnmobil in überfüllten, südlichen Feriengebieten nicht auf dem Parkplatz beim Supermarkt "allein" lässt, ist selbstverständlich. Genauso selbstverständlich ist, dass man nicht auf Autobahnparkplätzen übernachtet, das pfeifen die Spatzen von den Dächern. In den Großstädten ist Taschenraub/Taschendiebstahl genauso situiert wie in Köln, Berlin oder Rom usw. usw. Ansonsten ist man in F überall genauso sicher wie im Schwarzwald oder Niederbayern, gesunder Menschenverstand hilft hier weiter als Horrorgeschichten aus Sommernächten.

Zur Glaubwürdigkeit der Berichte von Knockout-Gasüberfällen mache sich jeder sein eigenes Bild, jeder bleibt für sein Sicherheitsgefühl selbst verantwortlich. Hier dazu nur folgende Überlegung, ohne allgemein verharmlosen zu wollen: Betäubung durch nichtmedizinische Gase ist definitiv russisches Roulette, undzwar mit 5 Kugeln für sechs Versuche, Todesfolge sehr wahrscheinlich. Doch erstaunlicherweise ist nicht ein einziger als "Narkoseüberfall" gemeldeter Vorfall mit tödlichen Folgen (also Raubmord) bekannt. Narkose ist ein physisch kritischer Zustand, der bei fehlender Kontrolle letal enden kann, für dessen Beherrschung ein jahrelanges Medizinstudium nicht ausreicht. Erst ein langwieriges, weiteres Fachstudium im Anschluss ermöglicht die kontrollierte Narkotisierung. Wer an Gasüberfälle glaubt, der setzt voraus, dass man über diese komplexen Spezialkenntnisse im Milieu des Straßendiebstahls verfügt. Des weiteren sind dazu Spezialgase erforderlich, die wegen ihrer problematischen Eigenschaften in der Medizin längst keine Verwendung mehr finden, und für die es daher keinen Markt mehr gibt, auch keinen schwarzen - Lackspraydosen oder Haarspraydosen tun es eindeutig nicht. Wer nun andererseits für möglich hält, dass er nachts Besuch erhält von kriminellen Anästhesie-Fachärzten samt Team und der notwendigen apparativen Infrastruktur inklusive Stromversorgung, damit auch keiner aus Versehen wegstirbt, schläft ruhiger im Hotel.


Stellplätze, fast paradiesische Zustände:
Nirgends sonst wird man sich mit dem Wohnmobil auf ein noch besseres oder dichteres Netz an SP stützen können, auch Ver- und Entsorgung ist meist unproblematisch. Niemand weiß genau, wieviel SP es in F tatsächlich aktuell gibt, Schätzungen müssen oberhalb von 4000 beginnen. Die Preise reichen von kostenlos bis etwa 10€/Tag in der Hauptsaison an den Küsten. Verzeichnisse gibt es genug und können bei Verlagen oder im französischen Buchhandel gekauft oder auch im Internet erforscht werden. Wer einmal ohne SP auskommen will, kann das außerhalb der Saison oder in abgelegenen Gegenden durchaus, es sei denn es läge ein ausdrückliches Verbot vor; man sollte sich aber vergewissern, dass man nicht an Stellen aufprotzt, wo es Anstoß erregen könnte. Tips bekommt man u.a. bei uns in diesem Forum.

Einkaufen, nur das Alltägliche:
Auffällig sind in F die geradezu monströsen Supermärkte. Das geht zurück auf spezielle amerikanische "Entwicklungshilfe" nach dem 2. Wk, die zum Glück nur F zuteil wurde. Die schiere Größe wirkt anfänglich desorientierend, das Angebot ist etwa wie bei uns, allerdings teurer. Inzwischen haben in F aber auch ALDI und Konsorten Fuß gefasst, mit Preisen wie bei uns, so dass prinzipiell jeder von uns auf gewohnte Weise einkaufen kann. Die Franzosen zahlen an der Kasse grundsätzlich mit Scheck oder Karte, auch wenn sie bloß eine Zahnbürste kaufen - und das dauert. Nur drei Kunden an der Kasse vor uns können 10 Minuten verbummeln. Da es allerorten auch Baumärkte (Bricomarché oder einfach Brico) nach deutschem Muster gibt (OBI war der erste in F), kann man sich auch bei unspezifischen Pannen (Batterie, Reifen, Keilriemen, Fahrräder etc) gut selbst versorgen.

Beim Tanken wird man sich wundern: kaum zwei aufeinanderfolgende Tankstellen haben denselben Preis. Die Unterschiede gehen dabei in den zweistelligen Centbereich. Am billigsten tankt man an Tankstellen, die den großen Supermärkten angeschlossen sind, dort im allgemeinen deutlich billiger als bei uns. Es empfiehlt sich für uns immer, die Einfahrtshöhe der Baldachine vorab kritisch zu würdigen: nicht überall kann man sich auf die Höhenangaben verlassen.

Gastronomie, staunenswert, auch die Preise:
Das vor Jahrzehnten so berühmte Touristenmenu - preiswert und unkompliziert - ist etwas aus der Mode gekommen, das Menu selbst aber bietet im allgemeinen das Beste im Verhältnis zum Preis. Für Essen à la carte muss man ziemlich tief in die Tasche greifen, wenn man sich an gutbürgerlicher, deutscher Gastronomie orientiert. Ein Glas Bier mit 0,25 L kostet kaum weniger als 2,20 €, kann aber auch 4 € ( ! ) überschreiten. Wein ist ein kompliziertes Sonderthema, deshalb gehört´s hier nicht hin; ganz kurzer Hinweis nur, dass uns Wein in der französischen Gastronomie keineswegs besser begegnet als im Laden. Ein typisches Nationalgericht wie die Paella in Spanien gibt es in F nicht, aber manche Region hat, bedingt durch Lage und Tradition, Spezialitäten. Wesensmerkmal der französischen Essenszubereitung ist die Unaufdringlichkeit des Geschmacks, die vorsichtige Gestaltung mit Gewürzen, die die Eigenart der Speisen betonen helfen.


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