Mobile Freiheit

Dienstag, 14. Juli 2015

Daheim ist es sehr warm, klar, dies ist der Geburtstag des mit 32 Jahren damals so früh verstorbenen besten Freundes meines Mannes und später auch mir. An diesem Tag war es früher immer sehr warm bis heiß. IMMER. Hier ist es – sehr kalt. 6° zeigt das Außenthermometer, es nieselt fies und windig ist es auch noch, dass sich das ganze wie minus 6° anfühlt. Also wird erstmal herumgetrödelt. Gaaaaaanz gemächlich Radio gehört, Morgengymnastik gemacht, Körperpflege erledigt, Frühstückchen bereitet und gegessen und alles wieder verräumt, die Tagesration Tee gekocht und in die Thermoskannen gefüllt - das Wetter bessert und bessert sich nicht, die Wolken lichten sich einfach nicht. Furchtbar. Aber irgendwann muss ich doch los. Also – reiss Dich zusammen, drücke alle Verschlussknöpfe und fahre einfach los. Zum Glück hänge ich mich niemals an den Strom, so dass mir ein Aufrollen eines dreckigen Kabels erspart bleibt und auf Böckle fahre ich auch nicht, ich kann in alle Richtungen schlafen und tu das auch, das bringt Abwechslung ins Nachtleben.... Aber ich solle doch heute noch nach Húsafell kommen, zum Rest der Truppe. Dort gäbe es einen Kaffeeklatsch, naja, wenn ich den verpasse, ist es auch nicht schlimm, ich stehe nicht mehr sonderlich auf Kuchen und auf gekauften eh nicht. Mir wird aber schnell klar, dass das mit der Aussicht auf den Gletscher – wieder nichts werden wird. Grrrrrr....... also stiefle ich in Arnarstapi herum, eine ganze Stunde bin ich unterwegs immer wieder im Wind, im Nieselregen, den man auf den Bildern ja nicht sieht, bis es mir reicht und ich mich ins Kästchen verziehe, ein Hörbuch einlege, was „Fahrt aufnehmen“ bedeutet und losfahre.

Es reihen sich noch wunderbare Vulkanberge aneinander, von weitem sehe ich auf die Sandbucht „Buðir”, habe jedoch wegen des schlechten Wetters keine Lust, dorthin zu gehen.

Es hilft ja nicht, ich muss weiter, fahre weiter, das Hörbuch fesselt mich, ich möchte fahren, fahren und dabei hören, ich biege ab auf die 56, die sich in Richtung Norden durch die Vulkanberge aufwärts schwingt, toll asphaltiert, klasse, nur leider – keine Sicht. Bewachsene, gelb blühende Vulkanberge, ein Traum – der Akku lädt, der Regen nieselt, die Wolken hängen tief, ein Jammer. So eine irre Landschaft und es graust einen zum Rausgehen und Jauchzen und Laufen und Genießen.

Dann gibt es noch eine kleine schwarze Kirche, die nach Initiative einer Frau gebaut wurde und bei deren Errichtung somit die Organisation Kirche nicht die Hände im Spiel hatte und einen großen Parkplatz davor. Blöderweise bedeutete mir mein Akku in Arnarstapi bei den Vogelfelsen, dass er aufgeladen werden möchte – und wurde auch aufgeladen - das Hörbuch war so spannend, ich saß im Kästchen, studierte die Landkarte und den Reiseführer halbherzig (wegen des spannenden nebenbei laufenden Hörbuches), als grad irgendwie Leben draußen aufkam – und sowas wie ein Brautpaar vom Pfarrer empfangen wurde. Am Parkplatz stand ein älterer blauer Bus, der wohl 25 – 30 Personen fassen möge, vielleicht ist die Hochzeitsgesellschaft schon IN der Kirche? Ich weiss es nicht. Ich fahre zurück auf die 54, die die Halbinsel umrundet. Ein für mich wichtiger Punkt ist „Vegamót“, eine „Raststätte“. An dieser hatten wir im April 1996 unsere Fahrt zum Snæfellsjökull beendet und sind wieder zurück nach Reykjavik gefahren, wo wir unser Hotel hatten. Wir waren eingekehrt, hatten einen Kaffee getrunken und uns gewundert, wie Menschen in dieser Wildnis leben können. Es hat sich nicht sehr viel verändert, das Rasthaus aber schon – es ist komplett modernisiert und gut besucht, ich trinke einen Kaffee in Gedenken an die Tour vor fast 20 Jahren, schicke meinem Bruder und meiner Schwägerin ein Bild davon und die Mitteilung, dass ich nun hier sei – und schwelge in schönen Erinnerungen an eine lange vergangene Zeit, die Spuren meines eigenen Lebens. Auf der 54 fahre ich weiter und folge ihr – manchmal gehen die Wolken gnädigerweise höher, nur manchmal, dann kommt die große Gestalt des Vulkans Eldborg und sein gleichnamiges Lavafeld in Sicht. Das heisst vom Eldborg selber sehe ich nur vielleicht zwei Drittel. Eine tolle vulkanische Landschaft ist das hier, tadellos, super, wunderbar. Und die herumgeworfene Lava – diese bereits mit Flechten überwucherte Lavalandschaft, einfach nur grandios. Da nur ein klitzekleines Stückchen Sonne drauf – und mein Herz würde vor Freude in die Höhe hüpfen.
Ich bleibe auf der Straße und mein Herz da, wo es wohl hingehört. Fahre weiter.

Die 54 leitet mich zum immer noch spannenden Hörbuch bis Borgarnes, dort erreiche ich die Ringstraße und folge dieser in nordöstlicher Richtung. Bei Varmaland solle man auf die 50 abbiegen, dann den Fluss Hvitá überqueren und dem Verlauf der 518 folgen. Bevor ich jedoch den Fluss überqueren kann, tut sich eine Baustelle auf. Um einen parkenden Bagger und ein ein parkendes und verlassenes Baufahrzeug herum (sind wohl Ferien....) hat man eine Schotter-/Sandkurve gebastelt, um die ich herumholpere, schön auf der Strecke bleiben – das Hörbuch ist soooooo spannend – so verpasse ich die Brücke über die Hvitá nach rechts und bleibe auf der Schotterpiste. Macht doch nix, fahr ich doch eh recht gerne, also – auf geht’s. Ca.20km schon heftiger Schotter mit Begegnung von nicht mal 5 Fahrzeugen, die CD im entsprechenden Fach ist noch stabil, der Gasfuss auch, nur nicht langsam werden und die Schlaglöcher ausfahren, zum krönenden Abschluss geht es noch um einen roten Vulkanberg herum, ziemlich bergauf, nur nicht nachgeben, die Steigung schaffen------- ....geschafft – ich bin halb um den Vulkan herum – und komme in eine lieblichere Landschaft mit Wäldchen und Bewuchs, der Schotter und Vulkansand sind geschafft. Parke auf dem Campingplatz Husafell ein, die anderen sind schon da, klar, großes Hallo, alles gut. Kästchen ist wieder mal das dreckigste Fahrzeug von allen, der schwarz-rote Vulkansand gepaart mit Regen hat für festgebackenen Dreck gesorgt, mittlerweile betätige ich den Abwasserhebel nur noch mit den Füssen und nicht mehr mit der Hand. Abwasserauslassrohr selber ist ja sowieso schon total verschrammt und nur noch ein Fragment seiner selbst, das ist einer der Schäden, die Island zuzuschreiben sind. Hm. Wärs halt das nicht geworden, es wird sich daheim alles wieder finden. Gemütlicher Abend bei Irene im Wohnmobil.

Hallo Isa,

ganz großes Kino, toller Bericht, mit wunderschonen Landschaft,,, leider bei nicht soooo tollem Wetter aber da kommen ja auch immer die Islandtief her. Hat richtig spaß gemacht dich auf der Reise zu begleiten

Gruß Matthias

Matthias, danke Dir - ich bin noch nicht fertig .......

Mittwoch, 15.Juli 2015

Touristenprogramm. Wir fahren runter nach Reykholt – der Wirkungsstätte des Snorri Sturluson, eines Gelehrten/Volkshelden Islands im 12. Jahrhundert. Irene, ihres Zeichens und Berufs Künstlerin, die zeitlebens von ihrer Kunst lebte, interessiert sich für einen Künstler in Island, der Instrumente aus Steinen und Kunst aus Steinen macht. Ich hatte zwar auch schon mal von sowas gehört, aber keinen Namen oder Bezug dazu, auch Lutz, unser „Anführer“, hatte keine Idee, sie fragte ihn gleich zu Beginn unserer Tour danach. Sie solle das auch im Auftrag eines bekannten Musikers ergründen.
Einige aus unserer Gruppe waren gestern noch rübergelaufen zur Kirche und hatten die Kirche in Húsafell besichtigt. Dort nebenan gibt es einen Künstler, der.......genau, denjenigen.
Müller-Verlag-Reiseführer weiss Bescheid, Hünerfeld auch – also fahren wir noch vor Reykholt dorthin. Schauen uns das Anwesen an, natürlich ist jetzt am Morgen niemand da, Künstler schlafen länger.
Gestern abend hatte er den anderen Gruppenteilnehmern eine Vorstellung seiner „Steinharfe“ gegeben und alle waren komplett begeistert. DAS hatten WIR versemmelt. Blöd gelaufen.
Páll Gudmundsson liess sich also nicht sehen.

Unterwegs nach Reykholt kommt man noch an einem "Kinderwasserfall" vorbei. (Irgendwann waren durch einen seltsamen Umstand Kinder darin umgekommen, daher die Namensgebung) Die Hvitá ergiesst sich über einen Kilometer breit in ein anderes Flusstal. Wieder aufwändigst gestaltete Wege und Aussichtplattformen leiten zu den schönsten Aussichtspunkten. Alles kostenfrei natürlich. Unglaublich. Danach geschwind weiter zur Führung durch das Snorri-Museum durch ------ Oskar Gudmundsson. Oskar hatte sich zu Beginn der Führung nicht vorgestellt, aber erklärt, er hätte ein Buch über Snorri Sturluson geschrieben, das auch in deutsche Sprache übersetzt worden sei – aber auf den Demo-Seiten seines Diavortrages stand immer unten „Oskar Gudmundsson“. Nach der Präsentation waren Fragen zugelassen und eine davon kam von mir, wer denn dieser Oskar Gudmundsson sei – (wobei ich mir schon sicher war, dass wir es hier selber mit ihm zu tun hätten) was er bejahte - und ob er mit dem Páll Gudmundsson verwandt sei, worauf wir die Erklärung bekamen, dass letztendlich ALLE Isländer miteinander verwandt sein würden, es gäbe umfangreiche Aufzeichnungen. Er präsentierte uns eine Internetseite, nach der jeder Isländer nachforschen könne, in wievielter Generation er zB nach Snorri Sturluson käme. Páll Gudmundsson wäre einer seiner sehr besten Freunde, natürlich kenne er ihn sehr gut. Nicht nur Páll würde von Snorri abstammen, auch vieleviele andere Isländer auch........Verwirrend,aber höchst faszinierend.
Es gab noch einen Gang in die neumodische Kirche, ein junger Mann kam dazu, der die kleine Orgel an der Seite stehend spielte, wirklich klasse. Sogar unsere Gruppe konnte animiert werden (schon etwas auf MEINE Intuition) dass sie ein Kirchenlied sang – weiss ich doch bestens, dass sowas auf Gruppenreisen immer sehr gut ankommt.

Obwohl mich persönlich solche „Kirchengeschichten“ an und für sich doch nicht interessieren, fand ich den Ausflug in die isländische Heraldik doch nicht uninteressant, gar – aufschlussreich. War gut. Unverkennbar die Handschrift von Gustav Vigeland - das Snorri-Denkmal.Wer jemals im Frognersparken in Oslo war...... weiss was ich meine.....

Es ging dann nach dieser informativen Tour dann doch weiter in den Hvalfjorðen, den Walfjord.
Vorher noch Abstecher zu einem Geothermiewerk, die größte gefasste Thermalquelle der Welt, deren Heisswasser über Kilometer quer durch die Halbinsel gesandt wird um auch das südlicher gelegene Akranes mit Energie zu versorgen..... Deildatunguvhar...... tolle Sache. Genommen wurde die 520, eine teilweise ziemlich ruppige Schotterstrecke, bei der man bergauf auch wieder zusehen musste, auf dem Gas zu bleiben. Landschaftlich wunderschön, aber Wetter – naja, sprich nicht drüber.

Gedächtnistour: Seinerzeit – also 1996 – waren wir von Reykjavik über die Ringstraße bis zum Beginn des Walfjordes gefahren und um ihn rum und dann immer der Ringstraße folgend bis zum Abzweig auf die 54 eben bis Vegamót. Rückwärts wollten wir uns das Gekurve um – landschaftlich aber sehr schönen – Hvalfjorðen – nicht antun, sondern sind nach Akranes gefahren und dort auf die Fähre. Die sollte 45 Minuten dauern, dauerte wegen schwerer See aber über eine Stunde und führte nach Reykjavik. Seit einigen Jahren gibt es einen Unterwassertunnel unter dem Walfjord durch und die Fähre nicht mehr. Die Fähre seinerzeit war die in meinem Leben heftigste Fährverbindung. Die Leute kotzten in hohem Bogen, der Geruch im Aufenthaltsraum war unerträglich, die Fahrzeuge waren festgekettet, das Schiffchen quälte sich über die Wellenberge mit offenliegender Schraube und stürzte in tiefe Wellentäler – wir brachten die Überfahrt nur im Freien hinter uns, hielten uns so fest, so es nur ging. Innen war es unerträglich, weil sich ja beinahe alle Passagiere übergaben.
Akranes – wollte ich eigentlich wiedersehen. Aber – das schlehte Wetter – machte mir keinen Mut. Ich fuhr zu den anderen. Wir saßen am Nachmittag zusammen, sahen bei Irene die DVD über Páll Gundmundsson, es ist zwar mittlerweile „schön“ - aber wahnsinnig windig, so dass man nur an ganz wenigen Stellen außen sich aufhalten kann. Es folgt ein „typisch isländisches“ Abendessen mit natürlich- Lamm – und Kartoffeln und Gemüse und Salat und Wein. Geselliges, lustiges Beisammensein, wirklich sehr sehr nett. Vorher Aufklärung über Schafshaltung in Island. Naja. Schafe kennt man ja und wie das mit der Wolle ist auch und..... war für einige trotzdem sehr interessant, ist doch schön.

Hallo Isa,
Danke fürs Mitnehmen den schönen Bilder und den Tollen Reisebericht

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